Ohne Widerrufsbelehrung: Kein Geld für Handwerker!

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koshop
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Re: Ohne Widerrufsbelehrung: Kein Geld für Handwerker!

Heizung ist defekt, ich rufe die Firma an ob sie Zeit hat, Monteur kommt vorbei und repariert es.
Steht eigentlich ziemlich genau im Gesetz wie das abzulaufen hat:
§ 356 Widerrufsrecht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und Fernabsatzverträgen

(4) Das Widerrufsrecht erlischt bei Verträgen über die Erbringung von Dienstleistungen auch unter folgenden Voraussetzungen:(...)

2.bei einem Vertrag, der den Verbraucher zur Zahlung eines Preises verpflichtet, mit der vollständigen Erbringung der Dienstleistung, wenn der Verbraucher vor Beginn der Erbringung

a) ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Unternehmer mit der Erbringung der Dienstleistung vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt,
b bei einem außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag die Zustimmung nach Buchstabe a auf einem dauerhaften Datenträger übermittelt hat und
c) seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass sein Widerrufsrecht mit vollständiger Vertragserfüllung durch den Unternehmer erlischt,

3. bei einem Vertrag, bei dem der Verbraucher den Unternehmer ausdrücklich aufgefordert hat, ihn aufzusuchen, um Reparaturarbeiten auszuführen, mit der vollständigen Erbringung der Dienstleistung, wenn der Verbraucher die in Nummer 2 Buchstabe a und b genannten Voraussetzungen erfüllt hat,


Man sollte nicht vergessen, dass man auch nach Vertragsschluss noch die Möglichkeit hat über das Widerrufsrecht zu belehren, lediglich die Widerrufsfrist beginnt dann nicht ab Vertragsschluss, sondern erst nach Erhalt der Belehrung zu laufen.

Was passiert eigentlich, wenn der Kunde widerruft, bevor die Dienstleistung vollständig erbracht ist?


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Re: Ohne Widerrufsbelehrung: Kein Geld für Handwerker!

Gaertner hat geschrieben: 4. Jul 2023 09:02
Die ganzen krank erscheinende Abläufe verhindern schlicht Betrug.
Das glaube ich ja eher nicht, wer betrügen will betrügt.
Sofern der Betrug reproduzierbar ist, wird der über kurz oder lang in das allgemeine Regelwerk einfließen. Dann wird es wieder einen neuen Betrug geben, der in das Regelwerk einfließt... usw. Macht das Ganze nicht einfacher, kann man blöd finden, lässt sich aber kaum umgehen, wenn man es nicht direkt selbst regeln will.
regalboy
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Re: Ohne Widerrufsbelehrung: Kein Geld für Handwerker!

koshop hat geschrieben: 4. Jul 2023 09:43 ...
Was passiert eigentlich, wenn der Kunde widerruft, bevor die Dienstleistung vollständig erbracht ist?
Du meinst ob der Handwerker trotzdem zu Ende bauen muss oder den Urzustand wieder herstellen muss?
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koshop
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Re: Ohne Widerrufsbelehrung: Kein Geld für Handwerker!

Du meinst ob der Handwerker trotzdem zu Ende bauen muss oder den Urzustand wieder herstellen muss?
Die normale Konstellation ist ja die. Kunde ruft Handwerker an. Handwerker kommt und beginnt mit Dienstleistung. Laut Gesetz kann er ja sofort beginnen, wenn er den Kunden über das Widerrufsrecht belehrt und ihn unterschreiben lässt, dass er vor Ablauf der Widerrufsfrist mit den Arbeiten beginnen soll.

Der Knackpunkt ist aber: Das Widerrufsrecht erlischt nicht bei Beginn der Arbeiten - sondern "mit der vollständigen Erbringung der Dienstleistung".

D.h. nehmen wir an, der Handwerker braucht drei Tage, am zweiten Tag sind die Arbeiten nahezu abgeschlossen, aber am dritten Tag lässt der Kunde den Handwerker nicht mehr rein und widerruft. Was passiert denn dann? Gilt dann wenigstens noch §812, ungerechtfertigte Bereicherung?
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hkhk
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Re: Ohne Widerrufsbelehrung: Kein Geld für Handwerker!

koshop hat geschrieben: 4. Jul 2023 10:08 D.h. nehmen wir an, der Handwerker braucht drei Tage, am zweiten Tag sind die Arbeiten nahezu abgeschlossen, aber am dritten Tag lässt der Kunde den Handwerker nicht mehr rein und widerruft. Was passiert denn dann? Gilt dann wenigstens noch §812, ungerechtfertigte Bereicherung?
https://www.handwerksblatt.de/themen-sp ... en-sollten
Beginnt der Handwerker mit seiner Arbeit auf ausdrücklichen Wunsch des Kunden vor Ablauf der 14-tägigen Frist, sollte er auf keinen Fall die Belehrung vergessen! Denn nur dann muss der Kunde bei einem Widerruf die bereits erbrachten Leistungen bezahlen. Ohne ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung geht der Handwerker in solchen Fällen leer aus!
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koshop
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Re: Ohne Widerrufsbelehrung: Kein Geld für Handwerker!

Jaja, das ist schon klar. Es geht aber darum:

https://www.handwerksblatt.de/themen-sp ... en-sollten

Der Kunde hat kein Recht zum Widerruf

Sobald der Unternehmer die Dienstleistung vollständig erbracht hat. Hierfür muss der Verbraucher jedoch – anders als bisher – vor Vertragsschluss ausdrücklich bestätigen, dass der Unternehmer mit der Ausführung der Arbeit vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnen darf.

Was aber, wenn der Widerruf vor vollständiger Erbringung ausgesprochen wird, z.B. nachdem 2/3 erledigt sind?
regalboy
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Re: Ohne Widerrufsbelehrung: Kein Geld für Handwerker!

koshop hat geschrieben: 4. Jul 2023 10:08 ...
D.h. nehmen wir an, der Handwerker braucht drei Tage, am zweiten Tag sind die Arbeiten nahezu abgeschlossen, aber am dritten Tag lässt der Kunde den Handwerker nicht mehr rein und widerruft. Was passiert denn dann? Gilt dann wenigstens noch §812, ungerechtfertigte Bereicherung?
Ich verstehe dein Problem nicht.

Fall A: Handwerker hat ordnungsgemäß belehrt / Kunde will Ausführung vor Ende Widerrufsrecht: Ungerechtfertigte Bereicherung

Fall B: Handwerker hat nicht belehrt / Kunde hat nicht Beginn vor Ende Widerrufsrecht beauftragt: Kunde hat alles gratis erhalten
regalboy
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Re: Ohne Widerrufsbelehrung: Kein Geld für Handwerker!

koshop hat geschrieben: 4. Jul 2023 10:40 Jaja, das ist schon klar. Es geht aber darum:

https://www.handwerksblatt.de/themen-sp ... en-sollten

.....
Der Kunde hat doch in deinem verlinkten Urteil ausdrücklich NICHT im Fernabsatz bestellt und deswegen auch kein Widerrufsrecht.
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koshop
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Re: Ohne Widerrufsbelehrung: Kein Geld für Handwerker!

Der Kunde hat doch in deinem verlinkten Urteil ausdrücklich NICHT im Fernabsatz bestellt und deswegen auch kein Widerrufsrecht.
Ja, das weiß ich, der Link kam von hkk im Post vor mir. Mein Beitrag bezog sich auf hkk.
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hkhk
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Re: Ohne Widerrufsbelehrung: Kein Geld für Handwerker!

koshop hat geschrieben: 4. Jul 2023 10:40 Jaja, das ist schon klar. Es geht aber darum:

https://www.handwerksblatt.de/themen-sp ... en-sollten

Der Kunde hat kein Recht zum Widerruf

Sobald der Unternehmer die Dienstleistung vollständig erbracht hat. Hierfür muss der Verbraucher jedoch – anders als bisher – vor Vertragsschluss ausdrücklich bestätigen, dass der Unternehmer mit der Ausführung der Arbeit vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnen darf.

Was aber, wenn der Widerruf vor vollständiger Erbringung ausgesprochen wird, z.B. nachdem 2/3 erledigt sind?
Du hast doch geschrieben:
koshop hat geschrieben: 4. Jul 2023 10:08 Handwerker kommt und beginnt mit Dienstleistung. Laut Gesetz kann er ja sofort beginnen, wenn er den Kunden über das Widerrufsrecht belehrt und ihn unterschreiben lässt, dass er vor Ablauf der Widerrufsfrist mit den Arbeiten beginnen soll.
Und auf diese Bedingung habe ich mich bezogen!

Oder was meinst du?
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koshop
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Re: Ohne Widerrufsbelehrung: Kein Geld für Handwerker!



Und auf diese Bedingung habe ich mich bezogen!

Oder was meinst du?
Ich meinte folgende Bedingungen:
Kunde erhält vor Beginn der Arbeiten Widerrufsbelehrung und wird informiert, das Widerrufsrecht vorzeitig erlischt.
Handwerker beginnt mit Arbeit. Das Widerrufsrecht erlischt aber in der Konstellation erst mit ABSCHLUSS der Arbeit, nicht mit Beginn der Arbeit.

Was passiert, wenn der Widerruf nach Beginn der Arbeiten, aber vor Abschluss der Arbeiten erklärt wird. Den im Gesetz steht ja:

Das Widerrufsrecht erlischt bei Verträgen über die Erbringung von Dienstleistungen auch unter folgenden Voraussetzungen:(...) 2.bei einem Vertrag, der den Verbraucher zur Zahlung eines Preises verpflichtet, mit der vollständigen Erbringung der Dienstleistung,
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Re: Ohne Widerrufsbelehrung: Kein Geld für Handwerker!

koshop hat geschrieben: 4. Jul 2023 11:26


Und auf diese Bedingung habe ich mich bezogen!

Oder was meinst du?
Ich meinte folgende Bedingungen:
Kunde erhält vor Beginn der Arbeiten Widerrufsbelehrung und wird informiert, das Widerrufsrecht vorzeitig erlischt.
Handwerker beginnt mit Arbeit. Das Widerrufsrecht erlischt aber in der Konstellation erst mit ABSCHLUSS der Arbeit, nicht mit Beginn der Arbeit.

Was passiert, wenn der Widerruf nach Beginn der Arbeiten, aber vor Abschluss der Arbeiten erklärt wird. Den im Gesetz steht ja:

Das Widerrufsrecht erlischt bei Verträgen über die Erbringung von Dienstleistungen auch unter folgenden Voraussetzungen:(...) 2.bei einem Vertrag, der den Verbraucher zur Zahlung eines Preises verpflichtet, mit der vollständigen Erbringung der Dienstleistung,
steht doch in meinem zitierten Artikel:
Denn nur dann muss der Kunde bei einem Widerruf die bereits erbrachten Leistungen bezahlen.
Dein Fall beschreibt ja nur das Zahlungsziel des Kunden.


Natürlich müssen nicht die Leistungen bezahlt werden, die noch gar nicht erbracht wurden.
Geht der Handwerker in Vorleistung, indem er z.B. Ware für die nötigen Arbeiten einkauft, dann wird dies (imho) auch vom Kunden bezahlt werden müssen. Es sei denn, kluge realitätsnahe Richter sehen das ganz anders.
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Ach
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Re: Ohne Widerrufsbelehrung: Kein Geld für Handwerker!

Andre (KM) hat geschrieben: 4. Jul 2023 09:01 Wie ist es denn bei folgendem Beispiel (so sehen Handwerker-Einstätze bei mir aus):

Heizung ist defekt, ich rufe die Firma an ob sie Zeit hat, Monteur kommt vorbei und repariert es.

In welchem Schritt müsste er mir etwas geben zum Unterschreiben? Ja eigentlich vor Ausführung der Arbeiten, oder nicht? Ich habe bei unseren Aufträgen noch nie irgendwas DAVOR unterschrieben, maximal nach dem Auftrag.
Genau, im Prinzip müssten wir VOR der Arbeit unterschreiben lassen. Oft können wir aber gar keine Unterschrift des Kunden vor Ort kriegen.
Gerade im Bereich Heizung:
- Teilweise haben wir die Schlüssel des Kunden und arbeiten in seiner Abwesenheit (weniger das Problem: In den Fällen haben wir meistens ein langjähriges, stabiles Vertrauensverhältnis, bei dem wir kein Papier brauchen)
- Oft ist der Kunde der Vermieter, vor Ort ist aber nur der Mieter. Der wird selten empfangsbevollmächtigt oder gar zeichnungsberechtigt für den Vermieter sein.
- Oder aber es sind sowieso unbewohnte Baustellen...

Ich finde, jeder Richter sollte eine Handwerkerin heiraten, die er am Küchentisch vor Urteilen einmal kurz nach der Realität befragen kann.
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fonprofi
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Re: Ohne Widerrufsbelehrung: Kein Geld für Handwerker!

Bei Noteinsätzen haben wir einen Block dabei. Der wird ausgefüllt wie üblich. Auf der Rückseite gibts noch die zweite Unterschrift.

Bei Aufträgen, die übers Büro vorbereitet sind, wird ein Bericht vorausgefüllt aus unserer SW ins Fach gelegt. Die AB st dann vom Kunden vorher erfolgt. Mit beiden Unterschriften.

Nur bei Noteinsätzen ist der Zettel blanko.
kreien
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Re: Ohne Widerrufsbelehrung: Kein Geld für Handwerker!

Gleichwohl gibt es Hoffnung, wie das jüngste BGH-Urteil zeigt:
https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldu ... escheitert

Es fiel ein Schuss, ob die widerrufenden Eigentümer ihn gehört haben, darf bezweifelt werden.
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