Neues Gesetz in Planung: Regierung macht Ernst gegen Abmahnmissbrauch

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ReginaSF
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Re: Neues Gesetz in Planung: Regierung macht Ernst gegen Abmahnmissbrauch

RA Peter Kraus hat geschrieben: 19. Mai 2019 09:52 Im Übrigen ist es aber nicht richtig, dass "sofort druff mit einstweiliger Verfügung" die logische Entwicklung wäre, wenn man nur die Kostenerstattungspflicht abschaffen würde.

Und wenn ich dem Rest Ihrer Argumentation richtigerweise eine Kritik am Institut "einstweilige Verfügung ohne Anhörung des Gegners" entnehme (?), dann bin ich da ebenfalls voll bei Ihnen.

Allerdings spricht man den bösen Juristen zu viel Macht zu, wenn man sie als treibende Kraft hinter allen Fehlentwicklungen sieht. Die Bemutterung durch den Gesetzgeber rührt aus merkwürdigen politischen Ansichten her. Und für Anwälte hat die Medaille auch zwei Seiten. Zunächst ärgert man sich über die kleinteiligen und meist schlecht gemachten Regelungen. Die Freude über den zusätzlichen Arbeitsanfall wird da oft nur als Trost mit einem resignierten Schulterzucken geäußert.
Zum ersten Absatz: In der praktischen Konsequenz schon. Denn juristisch nicht angreifbare Abmahnung, die auch im eventuellen weiteren Verfahren Bestand haben, kann ein Laie nicht wirklich aussprechen.

Zum zweiten Absatz: Das sehe ich so, ja. Allerdings sehe ich auch, dass diese Praxis auch ein notwendiges (und auch bequemes) Übel auf Seite der Richter ist um der Arbeitsbelastung Herr zu werden. Im übrigen habe ich durchaus die Erfahrung gemacht, dass es da solche und solche gibt - die einen winken durch, die anderen setzen sich auch ohne Verhandlung intensiv mit Anschuldigungen auseinander und zwingen den Abmahner durchaus zur intensiven Argumentation - mit dem Nebeneffekt, dass dieser auf seinem Kostenrisiko sitzen bleiben würde, wenn das Ganze nicht zur EV kommt.

Zum dritten Absatz: Jurist ist nicht als Synonym für Anwalt gemeint. Richter, die sich praxisfremde Urteile ausdenken sind genauso Juristen wie Ministerialbeamte, die praxisfremde Regelungen erstellen. Anwälte sind dann nur die letzten in der Nahrungskette, die am Schluss dran verdienen. Wer jetzt auf die Idee kommt, dass das Ganze ein schönes, in sich geschlossenes System ist, bei jeder der beteiligten Juristen Geld auf Kosten von Nicht-Juristen verdient, liegt unter Umständen gar nicht so falsch. Was ja aber nicht bedeutet, dass die Regelungen und Urteile per se falsch sind. Es ist nur inflationär.


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regalboy
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Re: Neues Gesetz in Planung: Regierung macht Ernst gegen Abmahnmissbrauch

koshop hat geschrieben: 19. Mai 2019 11:01 ....
Für Abmahnungen besteht überdies keine Anwaltspflicht. In der Zeit in der ich einem Anwalt eine E-mail schreibe dass er Händler X abmahnen soll kann ich auch die Abmahnung an den Händler X selbst schicken - zumindest in einfach gelagerten und eindeutigen Fällen.

Die meisten beauftragen alleine deshalb einen Anwalt mit der Abmahnung weil sie dem Abgemahnten mit den Anwaltskosten eins reindrücken wollen. Die Anwaltskosten dienen in den meisten Fällen nicht der "Aufwandserstattung" für die Abmahnung sondern sind eine mehr oder weniger willkürlich festgelegte "Strafgebühr" die man dem unliebsamen Konkurrenten aufs Auge drücken will. ...
Schön, dass du es in manchen Fällen schaffst, die Abmahnung selbst zu versenden.
Aber warum soll man sich dem Risiko aussetzen, einen Fehler zu machen anstatt die Sache (generell) in kompetente Hände zu geben?
Zumal es ja nicht beim einfachen Versand der Abmahnung bleibt, sondern viel mehr Aufwand folgt.
Roemer
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Re: Neues Gesetz in Planung: Regierung macht Ernst gegen Abmahnmissbrauch

Ich denke, koshop meint nicht eine formvollendete Unterlassungserklärung, welche privat erstellt werden soll. Auch wenn man diesen 3-4 Zeiler im Netz findet (das was Anwälte versenden sind keine wirklichen UEs sondern Papiere am Rande des Betrugsversuches).

Ich denke, er meint eine einfache Mail im Sinne "bitte ergänze, korrigiere oder füge hinzu etc. im Shop" als "Mahnung mit Fristsetzung" sollte eine Voraussetzung sein. Erst bei Ignorieren dieser darf man dann als nächsten Schritt anwaltliche Hilfe in Anpruch nehmen.
Baam
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Re: Neues Gesetz in Planung: Regierung macht Ernst gegen Abmahnmissbrauch

Roemer hat geschrieben: 19. Mai 2019 15:18 Ich denke, er meint eine einfache Mail im Sinne "bitte ergänze, korrigiere oder füge hinzu etc. im Shop" als "Mahnung mit Fristsetzung" sollte eine Voraussetzung sein. Erst bei Ignorieren dieser darf man dann als nächsten Schritt anwaltliche Hilfe in Anpruch nehmen.
Ja. Dafür kriegt man aber nach der eigenen Abmahnung bis zum Hauptverfahren keine Kosten mehr ersetzt.
Roemer
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Re: Neues Gesetz in Planung: Regierung macht Ernst gegen Abmahnmissbrauch

Eben, dann verlieren Abmahnvereine das Interesse. Die bekommen dafür nix.
Erst wenn der Angeschriebene es ignoriert oder anderer Meinung ist, beginnt die kostenpflichtige Phase.
Baam
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Re: Neues Gesetz in Planung: Regierung macht Ernst gegen Abmahnmissbrauch

Dann baue ich einen Shop in dem ich mir alle Produktdaten, Bilder etc bei Mitbewerbern ausleihe. Dazu beschneide ich alle Widerrufsrechte für die Endkunden. Verpackungsentsorgung? Sollen die anderen bezahlen! Ggf. könnte ich ja auch einfach NoName Ware unter bekannten Markennamen verkaufen! Mir egal! Textilkennzeichnung? Sollen die anderen machen! Wobei die habe ich ja eh nach dem Copy & Paste der Beschreibung und Eigenschaften.

Kann ja nichts passieren. Und wenn der kostenfreie Brief ankommt bediene ich mich eben beim Nächsten.
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RA Peter Kraus
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Re: Neues Gesetz in Planung: Regierung macht Ernst gegen Abmahnmissbrauch

Nein, es wäre nicht der Untergang aller Urheberrechte, Markenrechte, Wettbewerbsregelungen usw. Das sieht man in anderen Ländern mit hochentwickelten Rechtssystemen, die ohne die deutschen Vehikel auskommen.

Und mal ehrlich: ein ziemlich anstrengendes Geschäftsmodell, oder?
Roemer
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Re: Neues Gesetz in Planung: Regierung macht Ernst gegen Abmahnmissbrauch

Oh man, ich liebe es wenn jemand mitdiskutieren möchte, aber offensichtlich weder das Ausgangsposting noch den darin enthaltenen Link gelesen oder schlicht nicht verstanden hat.

Es geht hier um eine Ergänzung des UWG um Regelungen zu "nicht erheblichen Verstößen". Und in der Tat, in unseren EU-Nachbarländern sind diese Streitigkeiten quasi nicht existent.
Zuletzt geändert von Roemer am 19. Mai 2019 16:26, insgesamt 1-mal geändert.
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koshop
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Re: Neues Gesetz in Planung: Regierung macht Ernst gegen Abmahnmissbrauch

Dann baue ich einen Shop in dem ich mir alle Produktdaten, Bilder etc bei Mitbewerbern ausleihe. Dazu beschneide ich alle Widerrufsrechte für die Endkunden. Verpackungsentsorgung? Sollen die anderen bezahlen! Ggf. könnte ich ja auch einfach NoName Ware unter bekannten Markennamen verkaufen! Mir egal! Textilkennzeichnung? Sollen die anderen machen! Wobei die habe ich ja eh nach dem Copy & Paste der Beschreibung und Eigenschaften.
Naja das artet jetzt ein bischen aus wie Diskussionen generell im Strafrecht wo man manchmal meinen könnte zwischen Höchststrafe und einfach laufen lassen gibt es keinen Mittelweg.

Was jetzt geändert werden soll ist ja weit entfernt davon Abmahnungen oder die Kostenerstattung im Abmahnrecht zu verbieten. Da gehts um andere Dinge - z.B. Abschaffung des fliegenden Gerichtsstandes. Was hatten wir z.B. in der Vergangenheit: Gericht in Köln entscheidet anders als Gericht in Hamburg aber jeder Händler in Deutschland muss sich nach Köln richten weil der Abmahner sich ja den Gerichtsstand aussuchen kann. Jetzt kann man in strittigen Fragen halbwegs entspannt abwarten bis die Sache höchstrichterlich entschieden ist weil der Abmahner ja nicht wissen kann wie das Amtsgericht in Heidelberg oder Leipzig entscheidet.

Es geht darum dass nicht mehr jede Bagatelle abgemahnt werden kann. Z.B. wenn jemand eine Widerufsbelehrung hat, aber dort steht vielleicht die Telefonnummer nicht drin. Oder jemand fehlt der Grundpreis bei einem von 2500 Artikeln. Oder es wird irgendeine Verlinkungspflicht eingeführt wie bei der Streitschlichtung und man ist sich nicht sicher ob er ins Impressum oder in die AGB muss. Wenn jemand sich grundsätzlich an keine Regeln hält dann ändert sich zumindest nach dem derzeitigen Entwurf nicht viel.
ReginaSF
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Re: Neues Gesetz in Planung: Regierung macht Ernst gegen Abmahnmissbrauch

Wir haben oben ja schon gelernt, dass es bei Verstößen gegen EU-Verbraucherschutz keine Bagatellen gibt. Das ist die Krux.

Und warum muss es diese ominösen Schutzgeldverbände geben, die Nichtmitglider abmahnen? Man sollte doch meinen, dass gestandene Unternehmer das selber geregelt bekommen.

Leider ist die Kehrseite des Wegfall des fliegenden Gerichtsstand, dass es kleinen Unternehmen erschwert wird ihr Recht durchzusetzen, während die Grossen kein Problem mit Aufwand und Abwesenheit haben dürften. Zumindest sollte es dann die Wahl zwischen dem Gerichtsstand der beiden Parteien geben, sofern diese Unternehmen sind (und eben keine Verbände).
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