roman hat geschrieben: ↑6. Okt 2023 15:10
Ich hab in meinem Portfolio ein paar Anleihen, aber keine davon hat in den letzten 1,5 Jahren auch nur annähernd 50% verloren.
Meine Aussage war ungenau: Irgendeine Anleihe mit vergleichbarer Restlaufzeit.
Wenn du eine Anleihe hast, die morgen fällig wird, und der Marktzins erhöht sich plötzlich stark, ändert sich am Kurs dieser Anleihe wenig, weil sie ja schon morgen fällig wird und die höheren Zinsen daher nahezu irrelevant sind.
Wenn du eine Anleihe hast, die in 30 Jahren fällig wird, und die Zinsen steigen, wird der Kurs der Anleihe viel deutlicher fallen, weil das höhere Zinsniveau sich noch über die gesamte Restlaufzeit auswirken kann.
Dieser Faktor heißt "Duration". Wenn du in deinem Depot eine Anleihe mit Restlaufzeit von 20 Jahren hast, wette ich mit dir, dass der Kurs in den letzten 1,5 Jahren um ~50% gefallen ist.
Im Endeffekt ist das ganz simple Barwertrechnung:
Wenn ich dir verspreche, dir in 100 Jahren 1000 EUR zu zahlen, dann ist das Versprechen bei einem Zinssatz von 0% heute 1000 EUR wert. Ich lege die 1000 EUR zu 0% an und habe in 100 Jahren 1000 EUR.
Bei einem Zinssatz von 4% ist das Versprechen aber nur noch 19,80 EUR wert, denn wenn ich heute 19,80 EUR zu 4% anlege, habe ich in 100 Jahren auch die 1000 EUR.
Selbst wenn ich der beste Schuldner der Welt bin und du die 1000 EUR in 100 Jahren ganz sicher bekommst, ist der Zeitwert meines Versprechens allein durch die Zinserhöhung von 1000 EUR auf 19,80 EUR gefallen.
Niemand garantiert dir, dass du eine langlaufende Anleihe jederzeit ohne Verluste verkaufen kannst, ganz im Gegenteil. Garantiert ist nur die Rückzahlung am Ende der Laufzeit, die ist aber (im Gegensatz zu z.B. einer Anlage in Aktien) todsicher. Wenn du zwischendurch an Geld kommen willst, musst du die Laufzeiten staffeln. Du kannst ja auch Anleihen kaufen, die kürzere Restlaufzeiten haben. Beliebige Flexibilität ist nicht Teil dieses Deals, nur garantierte Rückzahlung am Laufzeitende.