Beweislastumkehr bei Gewährleistungsfällen, wie geht ihr damit um?

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greybit
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Beweislastumkehr bei Gewährleistungsfällen, wie geht ihr damit um?

Hier im Forum ließt man gelegentlich über die Beweislastumkehr. Wenn es sich um konktrete Fälle handelt oder bei Gesetzänderungen.

Mich würde aber mal allgemein interessieren, wie Ihr im Altag die Beweislastumkehr bei Gewährleistungsfällen nutzt, oder auch nicht nutzt.
Weist Ihr Kunden darauf hin?
Lehnt Ihr Gewährleistungsanträge pauschal mit einem nicht erbrachten Beweis ab?
Oder macht ihr das nur bei Kunden, die euch auf den Sack gehen?
Bzw. erst am einem bestimmten Warenwert, ab dem sich ein Streit lohnt?
Wie geht Ihr dann mit den unzufriedenen Kunden um, bzw. mit Kunden die überzeugt sagen: "ICH HABE 2 JAHRE GARANTIE"?
Was antwortet Ihr Kunden, die Fragen, wie sie den Beweis erbringen sollen? Kann ja schlecht sagen: "Sie können in Ihrem Fall den Beweis nicht erbringen - Äääätsch".

Würde mich mal interessieren ob ich im Vergleich zu euch eher Kundenfreundlich oder Kundenunfreundlich bin.

Folgendermaßen gehe ich damit um (Achtung: nicht sehr professionell):
Ich versuche den Kunden nicht mit der Beweislastumkehr zu kommen, weil dann die Stimmung direkt vergiftet ist. In der Regel weis ich die Kunden nur bei Härtefällen darauf hin, bzw. wenn mir der Kunde krass auf den Sack ging. Für Waren mit VK bis 40€ brutto habe ich in der Regel gar keine Lust zu streiten und gebe nach.


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Ach
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Re: Beweislastumkehr bei Gewährleistungsfällen, wie geht ihr damit um?

Die Beweislastumkehr ist rechtlich Fakt, spielt aber bei uns im kaufmännischen Alltag selten eine Rolle.

Normalfall: Kunde reklamiert, wir prüfen die Reklamation. Ist das Produkt defekt und ein Gewährleistungsfall zumindest möglich, bearbeiten wir es als Gewährleistungsfall. Sowohl gegenüber dem Kunden als auch gegenüber dem Lieferanten, den wir dann in Regress nehmen.

Ausnahmefall: Kunde reklamiert, die Prüfung ergibt, dass das Produkt höchstwahrscheinlich schädlichen Außenwirkungen ausgesetzt war, die plausible Ursache des reklamierten Schadens sein können.
Beispiel: Feuchtigkeitsspuren am Fernseher. Glasbruch beim Smartphone, ausgehend von einer Kante des Smartphones. Schnur in der Pumpe eines Geschirrspülers. Batterien statt Akkus im Telefon...
In diesen Fällen zeigen wir dem Kunden die Hinweise auf die Außeneinwirkung und erklären, dass es kein Garantiefall ist.
Wenn der Kunde skeptisch ist, erklären wir, dass der Hersteller den Garantiefall nach unser Jahrelangen Erfahrung ablehnen wird, egal was wir unternehmen. Meistens ist der Kunde dann einsichtig.
Wenn nicht: Wir bieten dem Kunden an, den Garantiefall auf seine Kosten an den Hersteller zur Überprüfung zu geben und erklären uns bereit, die Kosten nachträglich zu übernehmen, wenn der Hersteller den Garantiefall anerkennt.
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kiwi
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Re: Beweislastumkehr bei Gewährleistungsfällen, wie geht ihr damit um?

So ähnlich wie Ach mach ich das auch.
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daytrader
Beiträge: 10653
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Re: Beweislastumkehr bei Gewährleistungsfällen, wie geht ihr damit um?

Für Stammkunden übernehme ich das alles und kümmere mich. Bei Einmalkäufern die vor 18 Monaten etwas gekauft haben und mir dann kommen mit "Sie müssen mir aber zuerst ein Austauschgerät senden, weil ich Ersatz brauche und nicht ohne sein kann" weiße ich darauf hin, dass die Gewährleistung Mängel abdeckt, die das Produkt bereits zum Zeitpunkt des Kaufs hatte. Die meisten müssen hier schon eingestehen, dass dies nicht der Fall ist und somit kein Gewährleistungsfall vorliegt.

Würde ich anstandslos von den Lieferanten die anfallenden Portokosten ersetzt bekommen, würde ich das auch noch übernehmen. Oder wenigstens etwas Entgegenkommen wie das Ermöglichen vom Versand direkt zum Kunden und wieder direkt zum Kunden zurück. Aber da sind sie bei mir alle eigen.

3x Porto "verschenken" und mich anpflaumen lassen, weil der Lieferant / Hersteller sich mit der Reparatur mal wieder Zeit lässt, obwohl ich nicht muss, mache ich nicht immer automatisch.
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MrChad
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Re: Beweislastumkehr bei Gewährleistungsfällen, wie geht ihr damit um?

greybit hat geschrieben: 4. Mai 2022 01:29 Oder macht ihr das nur bei Kunden, die euch auf den Sack gehen?

... bzw. wenn mir der Kunde krass auf den Sack ging...
Zur Schonung des eigenen Nervenkostüms pflegen wir bei denen eine krass entgegengesetzte Vorgehensweise, d.h. betont zuvorkommend und kulant.

Diskutieren und was erreichen kann man sowieso nur bei den anderen - und die sind die Mehrheit.
Roemer
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Re: Beweislastumkehr bei Gewährleistungsfällen, wie geht ihr damit um?

Ist doch grundsätzlich nix Neues. Ist halt nur 6 Monate länger.
greybit
Beiträge: 93
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Re: Beweislastumkehr bei Gewährleistungsfällen, wie geht ihr damit um?

MrChad hat geschrieben: 4. Mai 2022 10:04 Zur Schonung des eigenen Nervenkostüms pflegen wir bei denen eine krass entgegengesetzte Vorgehensweise, d.h. betont zuvorkommend und kulant.
Diskutieren und was erreichen kann man sowieso nur bei den anderen - und die sind die Mehrheit.
Ja, das kenne ich auch. Mit den meisten Kunden kann man reden.
Man merkt schnell, wenn der Kundendialog in die falsche Richtung geht und lenkt dann auch oftmals ein. Einige Kunden übertreiben es aber so krass, dass dann auch bei mir eine Grenze erreicht ist und dann gibts auch nichts mehr.
Ach hat geschrieben: 4. Mai 2022 08:03 Wenn der Kunde skeptisch ist, erklären wir, dass der Hersteller den Garantiefall nach unser Jahrelangen Erfahrung ablehnen wird
Als Importeur, gelte ich als Hersteller. Die Möglichkeit auf einen anderen Hersteller zu verweisen, habe ich daher leider nicht.

Mein Problem ist halt, dass meine Artikel nicht idiotensicher sind und bei Geprächen mit vielen meiner Kunden merke ich, dass viele Vorgaben der Anleitung nicht beachtet werden.
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