Lustigen AGB-Passus bei Autoteileverkäufer gefunden

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roman
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Lustigen AGB-Passus bei Autoteileverkäufer gefunden

Zufällig in einem Ebay-Angebot in der AGB gefunden:
§ 8.1 sog. crash-parts, also teile, die äusserlich sichtbar sind und im falle einer reparatur zur wiederherstellung des äusseren erscheinungsbild dienen, werden ausschliesslich zu diesem zwecke (reparatur) und ausdrücklich nicht zu anderen, insbesondere tuningzwecken, verkauft.

das produkt unterliegt einem geschmacksmuster/design, dessen inhaber nicht die firma XXX ist. das produkt darf alleine dazu verwendet werden, die reparatur eines komplexen erzeugnisses zu ermöglichen, um diesem wieder sein ursprüngliches erscheinungsbild zu geben.

für den fall, dass ein käufer dieser teile dieselben nicht zu reparaturzwecken verwendet, wird eine vertragsstrafe in höhe von 5.000€ vereinbart. die geldtendmachung eines höheren schadens bleibt ausdrücklich vorbehalten. für diesen fall wird darüber hinaus dem verkäufer ein rücktrittsrecht eingeräumt, nach dessen ausübung das produkt zurück zu senden ist.
Also rein gefühlsmäßig wirkt das eher wie ein Akt der Verzweiflung (vermutlich ein Versuch den den Designschutz zu umgehen?) :-)

Jemand eine Meinung dazu?


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koshop
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Re: Lustigen AGB-Passus bei Autoteileverkäufer gefunden

Gegenüber dem Kunden unwirksam, da überraschend.

Außerdem ungenau formuliert. Dem Wortlaut zufolge müsste ich 5000 EUR zahlen, wenn ich mir die Teile als Deko an die Wand hänge.
roman
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Re: Lustigen AGB-Passus bei Autoteileverkäufer gefunden

"Unwirksam weil überraschend", war auch das erste was mir dazu einfiel.

Eigentlich müsste - zumindest nach dem Wortlaut - sogar die Vertragsstrafe schlagend werden, wenn man das Teil bloß in die Garage legt, weil man keine Lust hat es anzubauen.

Das tatsächliche Motiv hinter diesem Passus liegt aber sicherlich darin, dass man hier ein <Tuning-Teil> als <Reparaturteil> ausweisen möchte, um damit markenrechtlichen Problemen aus dem Weg zu gehen.
Dass diese Strategie, im Fall des Falles, gerichtsfest hält, scheint auf wackligen Beinen zu stehen.

Immer wieder interessant was sich manche so einfallen lassen...
kreien
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Re: Lustigen AGB-Passus bei Autoteileverkäufer gefunden

Super-spannendes Thema! Es geht schlussendlich um die Reichweite Reparaturklausel im europäischen Geschmacksmusterrecht. Geschmacksmuster heißen heute Design-Patent und werden in Deutschland in der Design-Rolle des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) hinterlegt, und zwar herzlich ungeprüft und damit angreifbar. Die Reparaturklausel stellt eine Schutzschranke dar, die wir alle auch sinngemäß im Urheberrecht kennen.

Mittlerweile gibt es im nationalen Recht § 40a DesignG eine deutsche Reparaturklausel, die ausschließlich für sog. „formgebundene Ersatzteile“ gilt. In der europäischen Richtlinie Art. 110 EU-Verordnung Nr. 6/2002 gab es diese "Reparaturklausel" schon früher. Es gibt einen interessanten Rechtsstreit, bei dem es um Replica-Felgen geht, vgl. BGH-Beschluss I ZR 226/14, der zum EuGH durchgereicht wurde. Das Ergebnis wird hier sehr schön beschrieben: https://www.mll-news.com/eugh-auch-repl ... t-erfasst/.

Sobald sich formgebundene Replica-Teile außerhalb der Grenzen der Reparaturklausel bewegen, wird die Schutzschranke umgangen, und es liegt eine Patentverletzung vor. Anders als bei Fototapeten (vgl. https://www.heise.de/news/Urteil-Fotota ... 24441.html) ist der Käufer also hinsichtlich des geringen Umfangs der Lizenzierung und Lizenzproblemen der eingekauften Teile gewarnt. Das ist grundsätzlich bei B2B-Geschäften nicht verwerflich, nun gibt es aber in § 40 DesignG eine Ausschlussregelung, wonach Handlungen im privaten Bereich explizit und analog zum Patentrecht ausgeklammert werden. Das führt die Wirksamkeit einer Vertragsstrafe zusätzlich ad absurdum.

Die fragwürdige Regelung des (Groß-)Händlers dient einzig der Abwehr von zu erwartenden Schadenersatzforderungen innerhalb der Rechtekette, die dann mit der Vertragsstrafe aufgerechnet werden, so die Theorie. Eine Vertragsstrafe von 5.001 € und Beschränkung auf B2B wären besser gewesen, da dann ein (hoffentlich weniger überfordertes) Landgericht zuständig ist.

Ein schönes Wochenende wünsche ich. saufen
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