Vertraust du deinen Steuerberater?

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Raza12
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Vertraust du deinen Steuerberater?

Hey Leute,

als ich angefangen habe, habe ich mir nicht viel Gedanken über das Thema gemacht. Mir war es wichtig einen seriösen Steuerberater in der Nähe zu finden und die ersten Jahren liefen gut. Zunehmend häufen sich aber die Probleme und das Vertrauen, dass er alles korrekt macht, schwindet. Vor allem ist mein Steuerberater nicht auf E-Commerce spezialisert, sonder eher ein klassischer Steuerberater.

Das Thema Rechnungswesen war für mich schon im Studium ein leidiges Thema und ich wünschte mir ich könnte es jemanden komplett übergeben und mir nie mehr wieder Gedanken darüber machen. Leider sieht die Realität anders aus.

Irgdnwie will ich die Zusammenhänge der einzelnen Konten nicht verstehen und hoffe einfach, dass es ein geschlossener Kreis ist und der Steuerberater nicht viel falsch machen kann. Manchmal hoffe ich auf eine baldige Betriebsprüfung, auch wenn das absurd klingt und viele vor solch einer Prüfung eher Angst vor Überraschungen haben.

Wie geht ihr mit dem Thema um? Vertraut ihr eurem Steuerberater? Wie intensiv schaut ihr über seine Arbeit? Wie kontrolliert ihr seine Arbeit? Welche Fehler konntet ihr aufdecken?

Mein Steuerberater konzentriert sich viel mehr auf die Buchhaltung und erledigt die alltgäliche Arbeit. Beraten tut er mich nicht wirklich bzw. er kommt nicht automatisch auf mich zu, sondern eher muss ich ihn fragen und anregen.

LG
Raza12


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Wolkenspiel
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Re: Vertraust du deinen Steuerberater?

Ich hatte auch einen klassischen Steuerberater, so ne kleine 2-Mann-Show. Das Problem ist, dass du eigentlich erst erfährst, was alles schief läuft, wenn du wechselst.
Da müssen gar keine Fehler passieren, sondern Unterlassungen reichen schon, um viel Geld zu verlieren. Wenn man das Gefühl hat, die Steuern werden nur verwaltet und nicht gestaltet, wenn nie Nachfragen kommen und alles ohne großartige Rücksprache glatt läuft, läuft meist was verkehrt.
Ich war immer zufrieden, irgendwann nicht mehr, die waren mir nicht mehr gewachsen. Ich habe dann zu eine großen Kanzlei gewechselt und bekam dann im Laufe des ersten Jahres Fragen gestellt, bei denen ich MICH gefragt habe, wieso ich die noch nicht gehört hatte.
Auf einmal spielten nicht eingelöste Gutschein von Kunden eine Rolle, Resturlaub von Mitarbeitern wurde ebenfalls zu einem steuerlichen Vorteil etc. pp. Ich bekomme heute noch, nach 2 Jahren, Nachfragen, die mir klar machen, was in den ersten 10 Jahren meiner Selbstständigkeit alle verschütt gegangen ist.
Raza12
Beiträge: 99
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Re: Vertraust du deinen Steuerberater?

Danke für deinen Beitrag. Mir erscheint das Thema Steuerberaterwechsel kompliziert, wie war das bei dir? Wie funktioniert das in der Praxis? Konnte dein neuer Steuerberater rückwirkend was verändern/verbessern?
RepoBeepo

Re: Vertraust du deinen Steuerberater?

Sofern dein Steuerberater nur ein "extrem teurer Buchhalter" ist, ist er für deine Zwecke ungeeignet. Buchhalter findest Du für 15-20 € /Stunde.

Was Anne (Vorrednerin) gesagt hat, stimmt voll und ganz. Das deutsche Steuerrecht ist voller Hürden, Schlupflöcher und Extra-Würste, die man, völlig legal, nutzen kann und auch besser nutzt. Nochmal möchte ich aber betonen, dass diese nur rechtmäßig genutzt werden sollten.

Ein StB der sich mit Online-Handel nicht auskennt, und ansonsten nur "Ausfüllhilfe für Steuererklärungen" ist, den kann man kippen. Sofern Du Profi bist (das bist Du auch) brauchst Du hier einen Profi.

Ich hatte in meinem Leben 2 Stb (von denen ich hier schon ausgiebig berichtet habe):

Der eine war extrem freundlich, wollte aber z.b. Drittlandlieferungen (auch teilweise nur für 10€) nur ansetzen falls er "Ausfuhrpapiere" des Zolls hatte, und wusste eigentlich grundsätzlich nicht was "Differenzbesteuerung" und "Gesamtdifferenz" ist.

Der Andere hatte mich mehrfach belogen und mich in eine "Steuerstraftat" maneuvriert, hat meine Abrechnungen seitens Ebay/Amazon als "nicht glaubwürdig" abgetan (Offizielle Abrechungen/Übersichten seitens der Marktplätze) und nachdem ich Ihn entbunden habe wurden bei der Betriebsprüfung aus "einer noch festzustellenden Steuerhinterziehung" eine Steuernachzahlung von 3k bis 4k (weiß es nicht mehr genau).

Ich bin ein Sonderfall (da ich praktisch alles selbst machen kann) und eher der Meinung "wenn es einen StB benötigt, dann einen guten und geeigneten".
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Wolkenspiel
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Re: Vertraust du deinen Steuerberater?

Raza12 hat geschrieben: 28. Jan 2022 13:43 Danke für deinen Beitrag. Mir erscheint das Thema Steuerberaterwechsel kompliziert, wie war das bei dir? Wie funktioniert das in der Praxis? Konnte dein neuer Steuerberater rückwirkend was verändern/verbessern?
Ein paar Dinge, wie Künstlersozialkasse, hat der neue dann versucht, irgendwie zu kitten. Ansonsten kann man rückwirkend nicht viel machen. Im günstigsten Falle ist dann Kohle weg, im schlimmsten Falle fällt dir sowas bei einer BP auf die Füße.
Vor dem Wechsel hatte ich auch Angst, aber das haben die beiden Steuerberater dann unter sich ausgemacht. Es gibt wohl auch eine Mitwirkungspflicht des alten Stb., was die Übergabe angeht. Danach setzt man sich dann zusammen, erklärt, wie die Verhältnisse sind, was man sich wünscht. Je mehr der Stb. macht, desto teurer wird es halt, das ist ja logisch. Ich möchte eigentlich fast gar nix machen. Anhand von Rückfragen jeden Monat erkenne ich aber, dass an meiner Causa vernünftig gearbeitet wird.
Ich habe nun einen Ansprechpartner für Umsatzsteuer, Erlöse und das ganze Zeug und eine Bearbeiterin, die meine Lohnbuchhaltung für 50 Mitarbeiter macht und die Bilanzen erstellt. Einmal im Jahr fragt der Chef, ob alles läuft und wir setzen uns zu Steuervermeidungsgesprächen zusammen :lol:
Dazu kommen dann noch private Steuersachen wie der Fall, dass wir eine PV-Anlage auf dem Dach haben usw. Das ist schon ein komplexes Konstrukt und hätte mich bei meinem alten Stb. u.U. zu Fall gebracht.
Wollomo
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Re: Vertraust du deinen Steuerberater?

Auch ich sehe es wie Anne.
Wichtig ist Vertrauen zum Steuerberater. Geschäftsvorfälle in irgendwelche Konten buchen und am Schluss auf "Jahresabschluss" klicken können viele. Aber wie Anne erwähnt, legale und teilweise etwas komplexere Sachverhalte sollten schon genutzt und umgesetzt werden können.
Es gibt Dinge auf die man selbst gar nicht kommt, Fallen in die man unbewusst leicht tappen kann - darauf muss einen ein guter Steuerberater bringen!
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fossi
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Re: Vertraust du deinen Steuerberater?

Nachdem mich vor einigen Jahren ein "Buchführungsbüro" so richtig in die Scheisse geritten hat, vertrau ich Niemanden aus dieser Zunft mehr zu 100%.

Andererseits fehlen mir das Wissen und die Muße es selber zu buchen und da mich das Finanzamt seit der alten Geschichte ständig auf dem Kieker hat, muss ich wohl mein Bestes versuchen und darauf vertrauen, dass der jetzige Berater es besser macht. So einige Dinge laufen dort zwar wie im letzten Jahrhundert, preislich musste ich letztes Jahr auch mal auf den Tisch klopfen, aber immerhin ist es eine altbekannte örtliche Kanzlei mit vielen Mandanten und kein "ich mach das nebenher Hoschi", der dann eventuell wieder großen Murks baut.
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mamabella
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Re: Vertraust du deinen Steuerberater?

Ich habe nicht wirklich einen Vergleich. Zu Beginn meiner Selbstständigkeit habe ich alles selbst erledigt. Sehr schnell habe ich jedoch erkannt, dass ich für die Gestaltung einen StB benötige. Und in den ersten Jahren gab es aufgrund der Verluste viel zu gestalten. Alle Forderungen vom FA wegen einer möglichen Liebhaberei seitens des FA konnten aufgrund der Argumentation des StB nicht durchgesetzt werden.

Jetzt gestaltet der StB eher unsere privaten Finanzen; im Gewerbe gab es in den letzten Jahren nicht mehr so viel zu gestalten...
Gute Geschäfte wünscht
Mamabella
clarius
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Re: Vertraust du deinen Steuerberater?

Mein Ansatz war von Anfang an, die Buchhaltung selbst zu machen, und nur die Jahressteuererklärungen vom Steuerberater durchführen zu lassen. Die eigene Buchhaltung bedeutet zwar einen gewissen Aufwand, aber die Vorteile überwiegen imho die Nachteile bei weitem. Im Wesentlichen hat man als Unternehmer mit der eigenen Buchhaltung den viel besseren und aktuelleren Überblick über die eigene Geschäftssituation.

Steuerberatern vertrauen tue ich nicht. Mein erster Steuerberater hat meine Informationen aus der Buchhaltung übernommen und die Jahressteuererklärungen erstellt. Als der Umsatz und Gewinn über die Jahre gestiegen sind, hatte ich diverse Nachfragen, weil die Steuererklärungen aus meiner Sicht nicht zu meiner Buchhaltung gepasst haben. Auf konkrete Nachfragen von mir gab es eher dumme Antworten vom Steuerberater. Ich habe dann das Steuerbüro gewechselt, die Situation ist viel besser geworden, aber wirklich zufrieden bin ich damit noch nicht.

Einen auf eCommerce spezialisierten Steuerberater halte ich für für sinnlos, weil sich die eCommerce-Vorgänge auch zu wenigen standardisierten Buchungsvorgängen auflösen lassen. Das Problem scheint mir eher darin zu liegen, daß viele Steuerberater noch extrem papierlastig arbeiten oder in ihrer vorhandenen Software den Vorteil von Schnittstellen nicht nutzen.
bauti
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Re: Vertraust du deinen Steuerberater?

Ich habe bis vor drei Jahren die FIBU selbst gemacht und mein Vater bis vor einem Jahr die Lohnverrechnung. Bin aber froh dass dies nun eine Steuerberaterin macht. Ich vertraue Ihr und kann das denke ich auch gut einschätzen da ich selbst genug Erfahrung habe. Ich halte mich aber trotzdem am laufenden was Neuerungen betrifft. Niemals würde ich mich zu 100% auf jemand anders verlassen. Man muss schon selbst mitdenken.
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Ach
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Registriert: 29. Mai 2013 10:06

Re: Vertraust du deinen Steuerberater?

Für FiBu & Lohnbuchhaltung haben wir selber eine Vollzeitkraft eingestellt.

Jahresabschlüsse, Steuern, Gesellschaftsrecht etc. macht der StB.
Vertraut ihr eurem Steuerberater? Wie intensiv schaut ihr über seine Arbeit? Wie kontrolliert ihr seine Arbeit?
Ich hab volles Vertrauen in meinen Steuerberater.
Und das aus gutem Grund: Es ist die Kanzlei, in der ich vorher selber gearbeitet habe. Ich weiß, wie die arbeiten, ich weiß wie die "denken". Als ich da noch selber gearbeitet habe, fand ich die Integrität, Arbeitsweise und Kompetenz schon genial. An die kann ich die Aufgaben guten Gewissens immer abgeben und muss da nichts kontrollieren.

Wie du den StB kontrollieren kannst, hängt vor allem davon ab, womit er beauftragt ist. Wenn er tatsächlich nur die FiBu macht, guck doch einfach, was er mit unsinnigen Belegen macht. Was passiert, wenn:
- du einen privaten Einkaufsbeleg (Edeka...) einreichst?
- ein chinesischer Lieferant nur gaga auf der Rechnung stehen hat?
- du in einem Monat keine Aufwendungen für sonst ganz regelmäßige, typische Ausgaben einreichst?
Einen auf eCommerce spezialisierten Steuerberater halte ich für für sinnlos, weil sich die eCommerce-Vorgänge auch zu wenigen standardisierten Buchungsvorgängen auflösen lassen.
Sehe ich genauso. Fast jede Branche hat irgendwo ihre 1-2 Besonderheiten in den laufenden Buchungen. Selten muss der StB sich wirklich in diese 1-2 Besonderheiten eingearbeitet haben. Er muss einfach nur bereit sein, sich da einmal einzuarbeiten. Das ist aber für einen fähigen Berater kein Hexenwerk. Auf der anderen Seite muss sich das natürlich auch irgendwo für den StB bezahlt machen.

Mir erscheint das Thema Steuerberaterwechsel kompliziert, wie war das bei dir? Wie funktioniert das in der Praxis? Konnte dein neuer Steuerberater rückwirkend was verändern/verbessern?
Schlechter Fall:
Der alte Steuerberater hat wenig Interesse an der Übergabe. Er überspielt die Mandantendaten spät und ist danach "raus". Erfahrungswissen, Vorgehensweise, Informationen, die nur mündlich geteilt wurden etc. sind einfach mal weg.
Bei Problemen sagt der alte "nach mit die Sintflut", der neue "das ist nicht auf meinem Mist gewachsen".
Guter Fall:
Beide Steuerberater haben den Berufsethos verinnerlicht, nehmen ihr Mandat ernst und arbeiten im Sinne des Mandanten zusammen. Muss natürlich auch irgendwie vergütet werden.

In jedem Fall beachten: Aufgabenteilung!
Macht der StB, der das Jahr 2021 gebucht hat, auch für 2021 noch die Steuererklärung und Bilanz oder übernimmt das schon der neue? Wenn in 2026 das Jahr 2021 geprüft wird, wirkt der alte dann noch mit?
Üblich ist: Jeder betreut das Buchungsjahr noch zu Ende, das er angefangen hat. Sprich: Es wird nur zum Ende des Buchungsjahres 2021 gewechselt (also: JETZT), der alte macht für 2021 noch Abschlüsse, Erklärungen und wirkt ggf. bei der Prüfung mit.
So oder so entstehen Reibungsverluste und/oder ein Zeitraum, in dem du zwei StBs beschäftigst und bezahlst..
Empfehlung:
- Nur wechseln, wenn Du Dir vom neuen StB eine deutliche Verbesserung erhoffst. Insbesondere auf Grund von relevanten Referenzen. Nicht auf Grund von hübschen Webseiten oder edlen Adressen.
- Allen Frust über den alten Steuerberater runterschlucken und im guten Auseinandergehen, denn auch wenn du einem anderen StB das Mandat erteilst, kannst Du bis zur nächsten Prüfung noch auf den alten angewiesen sein.
Raza12
Beiträge: 99
Registriert: 1. Mär 2019 15:35
Land: Deutschland

Re: Vertraust du deinen Steuerberater?

Hey Leute, herzlichen Dank für eure Erfahrungsberichte und den ganzen Tipps.

Ich zerbreche mir momentan den Kopf über das Thema und werde es angehen müssen. Es läuft darauf hinaus, dass wir die Buchhaltung selber machen. Mein Steuerberater ist tatsächlich eher ein teuer bezahlter Buchhalter, deshalb mache ich lieber die Buchhaltung selbst und suche mir einen vernünftigen Steuerberater.

Danke nochmal an alle!
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