Identitätsdiebstahl / Kreditkartenbetrug

[Flowe]

Da ich noch relativ neu im E-Commerce-Business bin und jetzt schon die 5. Bestellung, davon 3 innerhalb von 2 Monaten, mit einem "hohen Betrugsrisiko" habe, frage ich mich, ob das bei mir ein Einzelfall ist oder ob es tatsächlich zum täglichen Geschäft dazugehört?

Ich betreibe aktuell u.a. einen Shopify-Shop und dieser hat glücklicherweise eine gute Betrugsanalyse mit an Board. Ich hatte schon alles vom gestohlenen Personalausweis und einer gefälschten Stromrechnung von Vattenfall (die Kundennummer gab es nicht), Bestellung in einem Wohnheim (hab dort angerufen. Die Person gab es nicht dort).

Beim ersten Betrugsversuch bin ich direkt zur Polizei und habe Anzeige erstattet. Diese ist natürlich im Sand verlaufen.

Ist das bei Euch auch so heftig? Ich meine, ich mache aktuell ja noch kaum nennenswerte Umsätze und hatte im Verhältnis schon sehr viele Betrugsversuche.

[roman]

Um welche Art von Transaktionen/Zahlungsmethoden geht es von Dir eigentlich?

Weil ich mich frage wie man überhaupt in Kontakt mit Personalausweisen und Stromrechnungen in Kontakt kommt.

[Flowe]

Shopify Payments. Warenwert 1000 EUR. Beim ersten Betrugsversuch hatte ich nicht explizit nach Ausweis und Stromrechnung gefragt. Umso verblüffter war ich, als er mir direkt "seinen" Personalausweis gesendet hatte. Ich hatte dann weiter nachgehakt und er hat mir schließlich eine Stromrechnung von Vattenfall geschickt.

Ich hatte ihn auch gefragt, ob er mich anrufen kann. Das hat er dann auch tatsächlich gemacht. Er hatte einen Osteuropäischen Akzent und auf die Frage warum er einen deutschen Namen hat, meinte er, dass er viel reist ...

[roman]

Ich denke die meisten hier nutzen Zahlarten bei denen der Zahlungsanbieter (Paypal, Plattformzahlungsdienste...) dieses Risiko übernimmt.
Kann man im Falle eines Chargbacks dem Zahlungsanbieter eine brauchbare Trackingnummer übermitteln, ist das für den Verkäufer üblicherweise erledigt (ob dann der Zahlungsanbieter oder der CC-Anbieter den Schaden trägt, erfährt man gar nicht).

Wenn ich mich so zurückerinnere, brauche ich bei einer mittlerweile deutlich 6-stelligen Transaktionsanzahl nicht viele Hände um alle CC+Lastschrift Chargebacks abzuzählen (ich gehe mal davon aus dass mir auch tatsächlich jeder Chargeback zur Bearbeitung vorgelegt wurde).

Wobei es sich hier wohl kaum um Betrugsversuche handelte sondern eher um Zustellprobleme oder Kunden die keine Übersicht über ihre Ausgaben hatten.

Er hatte einen Osteuropäischen Akzent und auf die Frage warum er einen deutschen Namen hat, meinte er, dass er viel reist ...

Der ist gut

[AndreM93]

Natürlich ist der Abesender die Vattenfall Gmb - Ich kaufe ein H wie Haftung...

[roman]

Das ist echt schlecht gemacht.

Hier wurde offensichtlich eine Rechnung von Vattenfall und eine der REWAG (Stadtwerke Regensburg) zusammengeschustert. Denn die meisten Angaben (Fax, Postfach, UST-ID-Nummer...) stammen von der REWAG, manche von Vattenfall.

Und die Angabe von Kontonummer+BLZ (ohne IBAN!!) läßt vermuten dass das verwendete Formular kaum jünger als 10 Jahre war.
Auch die Mitarbeiteranzahl von Vattenfall ("30.000" ... dürften heute bloß noch 20.000 sein) läßt auf eine sehr alte Vorlage schließen.

[daytrader]

Ist das bei Euch auch so heftig? Ich meine, ich mache aktuell ja noch kaum nennenswerte Umsätze und hatte im Verhältnis schon sehr viele Betrugsversuche.

Warte mal ab, wenn du etwas größer wirst. Es ist arg brutal da draußen im Netz. Ich hatte vor 17 Jahren angefangen auf eigenen Rechnung und Lastschrift anzubieten. Ich habe dazu eigene Bonitätsabfragen gemacht. Ich habe das letztendlich auch weit über 10 Jahre so gemacht, aber seit ein paar Jahren nicht mehr. Ich kann dir sagen es werden sich von diesen Betrügern und zahlungsunfähigen Leute täglich die Warenkörbe vollgeknallt, teils mit tausenden Euro. Kommt man Ihnen auf die Schliche, wird sich halt mit anderen Namen neu angemeldet und es wieder versucht. Dieses Klientel hält einen an manchen Tagen den ganzen Tag auf Trapp.

Wenn ich so zurückdenke, ist es wirklich schwer zu glauben, dass so sowas in einem halbwegs zivilisiertem Land wie Deutschland möglich ist. Aber es ist die Realität und die Masse an Anzeigen bringt gar nichts. In der Regel konnte man den Betrug ja abwenden und es ist nichts passiert. Einen Betrugsversuch zu beweisen ist fast unmöglich.

Ohne Prüfmechanismen wäre man nach wenigen Monaten pleite.

Such dir eine Zahlungsabwicklung die für dich das Risiko übernimmt und zahle ein paar Prozente Provision. Es lebt sich ruhiger und lässt den Menschenhass nicht ganz so groß werden.

[Flowe]

Natürlich ist der Abesender die Vattenfall Gmb - Ich kaufe ein H wie Haftung...

Da waren auch noch andere Fehler. Z.b. war die Anrede "Sehr geehrte Max Mustermann". Um 100% sicher zu gehen hab ich einfach bei Vattenfall angerufen und "meine" Kundennummer durchgegeben.

Wenn ich so zurückdenke, ist es wirklich schwer zu glauben, dass so sowas in einem halbwegs zivilisiertem Land wie Deutschland möglich ist. Aber es ist die Realität und die Masse an Anzeigen bringt gar nichts. In der Regel konnte man den Betrug ja abwenden und es ist nichts passiert. Einen Betrugsversuch zu beweisen ist fast unmöglich.

Ohne Prüfmechanismen wäre man nach wenigen Monaten pleite.

Such dir eine Zahlungsabwicklung die für dich das Risiko übernimmt und zahle ein paar Prozente Provision. Es lebt sich ruhiger und lässt den Menschenhass nicht ganz so groß werden.

Beim ersten Fall war ich ca. 3h bei der Polizei und konnte eine Anzeige wegen Urkundenfälschung machen. Den Betrugsversuch konnte man, wie du schon sagst, nicht nachweisen. Die Anzeige ist aber im Sande verlaufen.

Dann werde ich mich in Zukunft u.a. auch mal etwas mehr mit den verschiedenen Zahlungsabwicklungen beschäftigen. Shopify hat mich auf jeden Fall schon des Öfteren erfolgreich vor diesen Versuchen gewarnt. Ich hatte auch eine "mittleres Risiko" Warnung, welche sich dann aber als falsch herausgestellt hat. Die "hochrisiko Warnungen" von Shopify schienen sich alle bewahrheitet zu haben.

[daytrader]

Shopify hat mich auf jeden Fall schon des Öfteren erfolgreich vor diesen Versuchen gewarnt. Ich hatte auch eine "mittleres Risiko" Warnung, welche sich dann aber als falsch herausgestellt hat. Die "hochrisiko Warnungen" von Shopify schienen sich alle bewahrheitet zu haben.

Ich kenne das Shopify Payment nicht. Aber liest sich bei deiner Schilderung wie eine includierte Boniabfrage mit Bewertung. Wenn du bei Mediafinanz und Co eine Boniabfrage machst, erhälst du ebenfalls ein Urteil mit Einstufung nach Risiko.

Die die schon negativ bekannt sind, wirst du fast immer Probleme haben. Bei den mittleren sind auch einige dabei die trotzdem zahlen, aber immer noch insgesamt viele Ausfälle. Ich habe daher nur noch ausschließlich positiv bekannte beliefert. Und auch hat man Ausfälle....natürlich sehr viel weniger und überschaubar...ein paar wenige im Jahr.

Aber es gibt Zahlungsanbieter, da bekommst du dein Geld immer und um diese Nichtzahler und Betrüger kümmern die sich und Zahlungsaufälle sind nicht dein Problem und bekommst du in der Regel gar nicht mit.

[Kaluna]

Da ich noch relativ neu im E-Commerce-Business bin und jetzt schon die 5. Bestellung, davon 3 innerhalb von 2 Monaten, mit einem "hohen Betrugsrisiko" habe, frage ich mich, ob das bei mir ein Einzelfall ist oder ob es tatsächlich zum täglichen Geschäft dazugehört?

Ich muss gestehen, sowas kenn ich eher selten. Aber sicherlich ist das sicherlich auch Sortimentsabhängig - manche Dinge ziehen Betrüger eher an als andere - und bei Einsatz eines gescheiten Zahlungsdienstleisters reduzierst du das Risiko sicherlich deutlich. Ich mag mich eher nicht mit solchen Leuten auseinander setzen und habe daher Zahlungsdienstleister in den Shops und keine eigene Boniabfrage mit Rechnungszahlung auf eigenes Risiko.

[remen67]

Nur mal so zur Einschätzung: in Düsseldorf ist jeder achte etwa pleite

[koshop]

Also früher war es bei uns definitiv schlimmer.

Das kam immer so in Wellen. Eine Zeitlang gabs eine Menge Betrug über Packstationen.

Dann viele Betrugsfälle über Paketweiterleitungsdienste. D.h. Bestellung mit geklauten Kreditkartendaten, Lieferung an eine vermeintlich deutsche Adresse die dann aber ein Weiterleitungsdienst war und ins Ausland weitergeleitet wurde.

Seit Einführung der 2-Faktor Identifizierung gehört das aber der Vergangenheit an.

Bleiben nur die ganz normalen Rücklastschriften, aber das hab ich inzwischen halbwegs im Griff.

Die letzte Anzeige die ich geschrieben habe muss so 2 Jahre her sein. Früher hat teilweise mal die Polizei hier angerufen während sie grad bei einer Hausdurchsuchung waren, weil sie ne Rechnung von uns gefunden hatten und wissen wollten ob die bezahlt wurde.

[fca]

Warte mal ab, wenn du etwas größer wirst. Es ist arg brutal da draußen im Netz. Ich hatte vor 17 Jahren angefangen auf eigenen Rechnung und Lastschrift anzubieten. Ich habe dazu eigene Bonitätsabfragen gemacht. Ich habe das letztendlich auch weit über 10 Jahre so gemacht, aber seit ein paar Jahren nicht mehr. Ich kann dir sagen es werden sich von diesen Betrügern und zahlungsunfähigen Leute täglich die Warenkörbe vollgeknallt, teils mit tausenden Euro. Kommt man Ihnen auf die Schliche, wird sich halt mit anderen Namen neu angemeldet und es wieder versucht. Dieses Klientel hält einen an manchen Tagen den ganzen Tag auf Trapp.

Das scheint echt aufs Sortiment anzukommen. Wir bieten Rechnungskauf seit Jahren an. Bonitätsprüfung nur im Verdachtsfall, oder bei sehr großen Warenkörben. Die paar wenigen Ausfälle sind letztendlich günstiger als irgend einer der Rechnungskaufanbieter für uns wäre. Ich rechne das immer mal wieder durch und komme jedes Mal zu dem selben Schluss. Kreditkarten haben wir erst seit 2 Jahren über Stripe im Angebot. Da müsste man ein Chargeback auch selber tragen so weit ich weiß, hatten wir aber noch nie.

[daytrader]

Mag sein, dass das stark sortimentsabhängig ist. Ich war damals (2004) noch relativ jung und vollkommen naiv was sowas anging. Ich wusste gar nicht, dass es sowas gibt und es war für mich schier undenkbar, das man mit sowas auch noch durch kommt.
Ich weiß noch genau wie ich mit meiner damaligen Freundin bei der Creditreform in Erfurt im Büro saß und mit meinen ersten beiden Fällen und der Mitarbeiter stolz mit seinem Ausdruck vom Drucker kam "Da sehen Sie....da haben Sie gleich 2 solcher Fälle erwischt mit Risikoklasse 6."

Naja ich bin dann mit Creditreform Vertrag heim und habe dann über die meine Abfragen gemacht. Später bin ich dann aus Kostengründen zur Mediafinanz gewechselt. Ich hatte teilweise Leute mit 2-stelliger Accountanzahl im Shop. Wenn du die dann irgendwann anschreibst, wirst du doof angemacht. Das ist echt brutal. Du bekommst ein ganz schlechtes Menschenbild.

Wenn der TE jedoch schon 5 solcher Fälle bei kaum nennenswerten Umsatz hat, weiß man ja zu welche Sorte Sortiment er gehört.

[Baam]

Wir haben auch mehrere Shops. Bei manchen gibt es ein großes Problem mit Betrugsversuchen, was wir mit Profiletracking, einer selbstentwickelten Software zur Risikosteuerung und Bonitätsabfragen mittlerweile sehr gut im Griff haben. Allerdings konzentriert sich das primär auf Rechnung & Rate. Kreditkarte gibt es kaum noch Fälle seit der Einführung von 3D-Secure.

Solche Grenzfälle verschicken wir dann einfach per Post-IDENT. Oder stornieren, wenn der Bauch das sagt und verweisen die Kunden bei Rückfrage auf Paypal und sagen der Kreditkartendienstleister hat die Zahlung nicht ausgeführt.

Vor 2 Jahren hatten wir mal ein riesen Problem mit osteuropäischen Banden (vermutlich gesteuert aus Rumänien). Die Pakete gingen dann meist ins Bremer Umland oder nach Berlin. Da hatten wir teilweise 200-300 betrügerische Bestellversuche am Tag, wovon 90-95% schon automatisiert vor der Bestellung abgelehnt wurden. Und von denen die durchkamen konnten wir die meisten manuell stornieren.

Am Ende kommt es sehr darauf an, ob sich die Ware gut wiederverkaufen lässt, teuer genug ist (meist 400€+), und einen entsprechenden Kundenkreis anspricht.

Zusammengefasst: Hör auf deinen Bauch, wenn was nicht passt. Ruf mal auf der Telefonnummer an und sag, der Paketdienst hat einen Adressfehler gemeldet. Verschicke sonst mit IDENT oder storniere.

[Flowe]

Als Zahlmethode wurde bei mir in allen Fällen Kreditkarte via Shopify-Payments gewählt. Lieferadresse war immer Rechnungsadresse. Sogar die IP war kein Proxy oder eine Web-IP. Alles ging über die gängigen Telefonanbieter. Standortabweichung der IP auch sehr gering. Auffällig war immer nur das die Kreditkartenadresse nicht mit der Rechnungsadresse abgleichbar war.
Natürlich gibt Shopify ihre genauen Algos nicht preis. Zudem wird ja mittlerweile auch viel mit KI gearbeitet.

[kreien]

Das ist leider alles Behelf, ich habe z. B. einen 100-GByte-Datentarif (LTE bzw. 5G) von T-Mobile in Verbindung mit einer Speedbox (Huawei-Router). Meine IP ist regelmäßig im Ruhrpott verortet, obwohl ich die Speedbox stationär im Rhein-Main-Gebiet benutze.

Kreditkartenadresse mit der Rechnungsadresse abzugleichen ging früher mit europäischen Kreditkarten nicht, sondern nur in den USA, vgl. Address Verification System (AVS, https://de.wikipedia.org/wiki/Address_V ... ion_System). Das war der Grund, warum ich mir damals eine American-Express-Karte mit US-Rechnungsadresse zugelegt hatte, weil die europäische Visa-Karte in den USA gerne mal durchgefallen ist.

[Flowe]

Tatsache, ich hab mal Stichprobenartig in vertrauenswürdige Bestellungen geschaut. Nirgends war die Adresse abgleichbar. Da müssen also andere Kriterien dazu geführt haben, dass Shopify die Bestellungen als hochriskant eingestuft hat.

Die Aussage "in der Vergangenheit ähnliche Fälle" hilft mir auch nicht weiter. Es bleibt mir aktuell also nur die Möglichkeit mit dem potenziellen Betrüger in Kontakt zu treten wenn ich das Risiko eines Chargebacks nicht eingehen will. Bis auf den ersten Versuch (Perso und Stromrechnung) hat sich auch keiner mehr gemeldet.

Ich vermute auch, dass die sich einfach vor das Haus stellen und das Paket abfangen.