LG Mannheim: Amazon Händler muss Angebote mindestens 2 bis 3x täglich kontrollieren

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fossi
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LG Mannheim: Amazon Händler muss Angebote mindestens 2 bis 3x täglich kontrollieren

Wer auf Amazon handelt, sollte seine Angebote laufend kontrollieren!
Ein aktueller Hinweis der IT-Recht Kanzlei.

LG Mannheim: Amazon Händler muss Angebote mindestens 2 bis 3x täglich kontrollieren

Wer als Onlinehändler eine Abmahnung erhält, hat zwei Reaktionsmöglichkeiten: Unterwerfung oder gerichtlicher Titel.

Dass manche Gerichte bei der Zwangsvollstreckung aus letzterem zum Teil lebensfremde Ansichten teilen, zeigt ein Beschluss des LG Mannheim.


Worum geht es?

Ein Onlinehändler wurde wegen fehlender Grundpreisangaben – einem Abmahnklassiker – abgemahnt.
Wohl nicht zuletzt aufgrund der großen Gefahr von Folgeverstößen und damit erheblichen finanziellen Risiken in Form von Vertragsstrafenforderungen entschloss sich der Abgemahnte, keine Unterlassungserklärung abzugeben. Vielmehr bevorzugte er einen gerichtlichen Titel, mit welchem ihm das Anbieten grundpreispflichtiger Produkte dann vom Gericht untersagt wird.
So ist es dann auch geschehen. Der Abmahner zog vor das LG Mannheim und erwirkte im Wege einstweiliger Verfügung einen Beschluss des LG Mannheim. Mit dieser Beschlussverfügung wurde dem Abgemahnten das gerügte Verhalten künftig unter Androhung gesetzlicher Ordnungsmittel vom LG Mannheim verboten.
Der Abgemahnte gab daraufhin eine sogenannte Abschlusserklärung ab und erkannte die Beschlussverfügung damit als endgültige Regelung zwischen den Parteien an.



Amazon und Grundpreise – eine explosive Mischung

Nun kam es, wie es kommen musste: Der Abgemahnte bot einige Monate nach dem Verbot durch das LG Mannheim erneut grundpreispflichtige Produkte an, und zwar auf der Verkaufsplattform Amazon.de. Bei den beiden Angeboten über Bremsflüssigkeit erfolgte entgegen der Verpflichtung aus der Preisangabenverordnung unstreitig keine Angabe des Grundpreises. Der damalige Abmahner wollte nun erreichen, dass das LG Mannheim ein Ordnungsgeld verhängt.

Wer einem solchen gerichtlichen Verbot dann schuldhaft zuwiderhandelt, riskiert ein teures Ordnungsgeld. Der Abgemahnte vertrat vorliegend jedoch die Ansicht, die beiden fehlenden Grundpreisangaben habe er gar nicht zu vertreten. Er habe dabei nicht schuldhaft gehandelt.

Hierzu muss etwas weiter ausgeholt werden:
Zwar können auch bei Angeboten auf Amazon grundsätzlich Grundpreise angegeben werden. Das Problem bei Amazon besteht eher darin, dass diese Grundpreisangaben dann auch dauerhaft angezeigt werden. Es ist erschreckend, welche technischen Defizite diesbezüglich auf der Plattform immer wieder festzustellen sind.

#Zum einen besteht eine erhebliche Gefahr darin, dass dritte Verkäufer, die am selben Angebot „hängen“, die Grundpreisangabe entfernen bzw. fehlerhaft gestalten. Die anderen Händler bekommen von diesem Problem dann oftmals überhaupt nichts mit und bieten dann eine grundpreispflichtige Ware ohne Grundpreisangabe bzw. mit falscher Grundpreisangabe an.
Zum anderen schafft es Amazon aber auch selbst nicht immer, den Grundpreis zuverlässig darzustellen. Grundpreise verschwinden immer wieder und werden trotz korrekter Hinterlegung im Angebot nicht ausgespielt.

Der erneut angegangene Händler ist hier der Auffassung gewesen, er habe nicht schuldhaft gegen das Verbot des LG Mannheim verstoßen, da er alles Zumutbare zur Verhinderung solcher Verstöße unternommen habe.
Eine entsprechend instruierte Mitarbeiterin überwache an jedem Arbeitstag einmal täglich bis zu eine Stunde lang sämtliche Amazon-Angebote des Verkäufers auf entsprechende Veränderungen. Diese Tätigkeit der Mitarbeiterin werde vom Händler auch stichprobenartig überwacht dahingehend, dass durch ihn mindestens 10 Amazon-Artikel vor allem auf die korrekte Grundpreisangabe hin überprüft werden.


Das reichte dem LG Mannheim nicht

Das Gericht bejahte eine schuldhafte Zuwiderhandlung gegen den gerichtlichen Titel und verhängte ein Ordnungsgeld von 500,-- Euro gegen den Amazon-Verkäufer.
Zu Begründung wurde ausgeführt, dass der Händler sich sehenden Auges in die Gefahr jederzeit durch Dritte manipulierbarer Angebote bei Amazon begebe und daher eine große Gefahrenquelle für solche Zuwiderhandlungen eröffne. Diese Gefahr bestehe auch ständig.

Aus diesem Grund sind hohe Anforderungen an die Überwachung und Sicherstellung der Einhaltung des gerichtlich aufgestellten Verbots durch den Abgemahnten zu stellen.
Eine bloß einmalige Kontrolle pro Tag genügt diesen Anforderungen nicht. Eine Kontrolle sei vielmehr mindestens zwei- bis dreimal täglich erforderlich und auch zumutbar. Dies gelte umso mehr, als nach dem Vortrag des Abgemahnten solche Kontrollen nur wenige Minuten in Anspruch nehmen.
Der Verkäufer konnte sich hier also nicht aus der Haftung nehmen. In der Folge bejahte das LG Mannheim einen schuldhaften Verstoß gegen das gerichtliche Verbot. Der Händler muss daher ein Ordnungsgeld in Höhe von 500,-- Euro – zu zahlen an die Staatskasse - berappen.


Fazit

Wenn ein Richter von einem Amazon-Verkäufer die Kontrolle sämtlicher „gefährlicher“ Angebote mindestens 2 bis 3 Mal pro Arbeitstag fordert, zeugt dies von einer gewissen Lebensfremdheit. Vielleicht ist manchem Richter auch der Arbeitsalltag eines typischen Onlinehändlers auch schlicht nicht bewusst und man geht davon aus, dass neben ein bisschen „Knöpfchendrücken“ eine ganze Menge an Freizeit vorherrscht.

Der Umstand, dass zahlreiche Onlinehändler überhaupt nicht über Mitarbeiter verfügen, die solche üppigen Kontrollen vielleicht vornehmen könnten oder den Onlinehandel sogar nur im Nebenerwerb neben einem Vollzeitjob stemmen, lässt sich mit derartigen Anforderungen auch nicht in Einklang bringen.

Jedenfalls zeigt die Entscheidung des Landgerichts Mannheim (Az.: 24 O 12/20 ZV I), dass Amazon-Verkäufer vor Gericht nicht auf Milde zu hoffen brauchen, geht es um die typischen technischen bzw. systemimmanenten Schwachstellen Amazons.
Quelle: Nicolai Amereller / Rechtsanwalt bei der IT-Recht Kanzlei



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daytrader
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Re: LG Mannheim: Amazon Händler muss Angebote mindestens 2 bis 3x täglich kontrollieren

Hm, also "Deal with it", oder?
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hissenit
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Re: LG Mannheim: Amazon Händler muss Angebote mindestens 2 bis 3x täglich kontrollieren

Hm, Zeit für ein Tool zur automatisierten Kontrolle. Da gibt's doch bestimmt schon was?
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MrChad
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Re: LG Mannheim: Amazon Händler muss Angebote mindestens 2 bis 3x täglich kontrollieren

Grundpreise?
Ach, Grundpreise. Nicht so wichtig.
Kümmert euch lieber um die Schmelztemperatur. Jawoll, die Schmelztemperatur. Aber zackig.
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Neues Pflichtattribut "Schmelztemperatur" für ASINs

Um das Einkaufserlebnis für unsere Kunden zu verbessern, haben wir das Attribut Schmelztemperatur für ASINs hinzugefügt. Ab dem 27. Mai 2021 wird dieses Attribut verlangt, wenn Sie Angaben zu Folgendem machen:
  • Neue ASINs
  • Alle vorhandenen ASINs, wenn Sie ein Attribut auf einer Produktdetailseite aktualisieren
...
PS: Wer Sarkasmus findet, darf ihn behalten.
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degraf
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Re: LG Mannheim: Amazon Händler muss Angebote mindestens 2 bis 3x täglich kontrollieren

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Händler sich sehenden Auges in die Gefahr jederzeit durch Dritte manipulierbarer Angebote bei Amazon begebe
Das ist absolut korrekt erkannt worden :kaffeesmily
Dementsprechend ist das Urteil alles andere als "weltfremd", eher im Gegenteil.
Weltfremd sind eher die Händler, die meinen, mit dem "System Amazon" tolle Umsätze zu erzielen, ohne mit den Nachteilen des Systems etwas zu tun haben zu wollen.
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degraf
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Re: LG Mannheim: Amazon Händler muss Angebote mindestens 2 bis 3x täglich kontrollieren

Achso, das noch:
fossi hat geschrieben:Kennt ihr schon die Schutzpakete der IT-Recht Kanzlei? :) >
Wie hätte denn in diesem Fall welches Schutzpaket geholfen? :gruebel:
roman
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Re: LG Mannheim: Amazon Händler muss Angebote mindestens 2 bis 3x täglich kontrollieren

degraf hat geschrieben: 12. Mai 2021 18:53 Wie hätte denn in diesem Fall welches Schutzpaket geholfen? :gruebel:
Für die Kanzlei hätte es geholfen, ganz egal welches Paket.
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Eat The Rich
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Re: LG Mannheim: Amazon Händler muss Angebote mindestens 2 bis 3x täglich kontrollieren

fossi hat geschrieben: 12. Mai 2021 16:09
Der Umstand, dass zahlreiche Onlinehändler überhaupt nicht über Mitarbeiter verfügen, die solche üppigen Kontrollen vielleicht vornehmen könnten oder den Onlinehandel sogar nur im Nebenerwerb neben einem Vollzeitjob stemmen, lässt sich mit derartigen Anforderungen auch nicht in Einklang bringen.
ich finde diese Leute sollten auch von der Verpackungsverordnung und von den Datenschutzbestimmungen befreit werden, und wenn wir da schon bei sind, die sollten auch kein Impressum und Widerrufsbelehrung haben müssen. Diese armen Menschen, die neben Ihrem Hauptjob auch noch sowas an der Hacke haben, ist ja unglaublich. Was diese bemittleidenswerten Wesen erdulden müssen, da ist es eigentlich nur richtig wenn der europäische Gerichtshof für Menschenrechte da endlich mal einschreitet.
auch 'ne blinde Katze findet mal ne tote Maus!
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Re: LG Mannheim: Amazon Händler muss Angebote mindestens 2 bis 3x täglich kontrollieren

Deswegen hat Amazon ja auch von vorn herein ausgeschlossen wirklich rechtsicher darauf Drittartikel verkaufen zu können :) Dann braucht man den Kram nicht - es wird aber enger.

Zu meiner Anfangszeit dichtete ich erstmal eine eigene WRB. Weil die Bundesvorlage abmahngefährdet war. Ich will nicht wissen, wie viele alte Anwälte gerade am Seegrundstück deswegen hocken, und wie viele neue Neuanwälte dem neidisch hinterhertrauern.
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daytrader
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Re: LG Mannheim: Amazon Händler muss Angebote mindestens 2 bis 3x täglich kontrollieren

Eigentlich haben die Recht. Wen man da nicht rechtssicher verkaufen kann, muss man es halt lassen. Ich habe bereits vor einem Jahr (nachdem die Grundpreise 4x hintereinander weg waren) 95% meiner Angebote geschlossen. Die restlichen paar gehen diese Woche auch noch off und ich kündige meinen Selleraccount.
Händler die sich daran halten haben dadurch massive Nachteile. Es weiß ja jeder, dass man auf Amazon durchaus viel drehen kann.

Was hätte der Richter denn urteilen sollen. "Ja der Angeklagte hat keine Grundpreise oder falsche....aber auf amazon machen wir mal ne Ausnahme und setzen die Grundpreisverordnung aus"?

BTW: Was würde wohl passieren, wenn alle Händler sich konsequent daran halten würden und gp pflichtige Artikel offline nehmen würden oder soviel Man Power dran setzen, dass sie 2-3 täglich alle tausende Artikel durchgehen und die Preise entsprechend anpassen müssten? Amazon hätte denke ich schon ein Problem.
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Re: LG Mannheim: Amazon Händler muss Angebote mindestens 2 bis 3x täglich kontrollieren

Super Urteil, gern mehr davon! Ich ärgere mich ständig auf Amazon, weil quasi im Kosmetikbereich fast alle Pflichtangaben fehlen. Wenn es dazu führt, dass das Angebot bei Ama reduziert wird, kann das jedem Händler, der sein Geld unter Beachtung aller Regularien (und den damit einhergehenden Kosten) verdient, nur recht sein.
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