Bestandsbasierte Finanzierung für Händler

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torus
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Bestandsbasierte Finanzierung für Händler

Ich grüße euch,

als leidenschaftlicher E-Kommerzler schaue ich mir gerne alle Konzepte an die es in der Branche gibt. Ich bin jetzt auf ein Fintech gestoßen die ein spezielles Finanzierungsmodell für Onlinehändler anbietet. Die Firma kann ich gerne nennen, aber ich wollte hier erstmal das Konzept zur objektiven Analyse aufzeigen.

Ich liste so kurz wie möglich auf worum es geht. Zuerst wissen wir alle, dass die Liquidität und der Warenbestand die Bremse oder das Gaspedal des , vor allen Dingen jungen, Unternehmens bedeuten kann.

Das Fintech geht folgendermaßen vor. Zuerst analysiert es die Verkäufe auf Amazon eines Artikels des Händlers. Hat der Händler Bedarf an einer größeren Bestellung von diesem einen Artikel, zahlt das Fintech, nach abgeschlossener Analyse, den Betrag an den Händler aus, mit einem vorher festgelegten Zinssatz (1-2,5%). Die Bestellung wird vom Händler an, nehmen wir jetzt als Beispiel, einen chinesischen Lieferanten mit dem Geld bezahlt. Die Ausstellung der Bill of Lading gilt im Fintech-Vertrag als Komponente. Die Ware wird an ein Fullfilmentlager geliefert. 100% des gelieferten Bestandes bleibt vorerst im Besitz des Fintechs (hier weiss ich nicht mehr recht, es können auch 75% sein). Das Fullflilmentlager hat das Fintech ebenfalls als Kunde gelistet.

Der Händler ruft nun 25% des Bestandes ab, verkauft ihn und sobald sich dieser dem Ende neigt, gibt das Fintech weitere 25% Bestand an den Händler frei, in Koordination mit dem Fullfiller. Der Händler kauft den Bestand mit einem Aufschlag vom Fintech an, bis alles abverkauft ist. Der Aufschlag entspricht jeweils anteilig dem gesamten Zinssatz. Es ist noch zu erwähnen, dass vorher vertraglich ein Zeitfenster von 9 Monaten anberaumt wird in der der gesamte Bestand komplett abverkauft werden muss vom Händler. Verlängerungen mit Bedingungen möglich. Das Fintech hat als Garantie immer einen Teil des Warenbestandes und kann es, z.B. bei Insolvenz des Händlers, selbst bei Amazon verkaufen.

Wie ihr seht ist das ganze relativ komplex und seitens des Fintechs wird individuell auf den Kunden und den Artikel die Finanzierung angepasst. Deshalb ist das ganze nicht so schnell zu erklären und ich habe es grob umrissen und wahrscheinlich nicht präzise. Ich hatte genügend Mühe dem selbst zu folgen und habe deshalb auch noch viele offene Fragen.

Ich erkenne hierbei Vor und Nachteile die ich auch gerne formulieren würde, aber mich würde interessieren ob euch solche Konzepte bekannt sind, und was ihr generell davon haltet.


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lallekalle
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Re: Bestandsbasierte Finanzierung für Händler

Solche Konzepte sind natürlich bekannt und werden auch von vielen "ich werde schnell reich mit Amazon FBA"-Jüngern genutzt.

Ich bezeichne mich ja schon als Unternehmer mit Kaufmannstugenden...

Warum soll ich jemandem zwischen 10-20% p.a. für eine Warenfinanzierung in den Rachen werfen, wenn ich diese ggfls. von der Hausbank zu 3% erhalten kann. Klar, bisschen mehr Aufwand, sicherlich muss man da auch mit den vernünftigen Personen reden ... aber ... ich sehe es doch gar nicht ein, das dreifache, vierfache, fünffache u.s.w zu bezahlen.
torus
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Re: Bestandsbasierte Finanzierung für Händler

lallekalle hat geschrieben: 6. Mär 2020 20:37 Solche Konzepte sind natürlich bekannt und werden auch von vielen "ich werde schnell reich mit Amazon FBA"-Jüngern genutzt.

Ich bezeichne mich ja schon als Unternehmer mit Kaufmannstugenden...

Warum soll ich jemandem zwischen 10-20% p.a. für eine Warenfinanzierung in den Rachen werfen, wenn ich diese ggfls. von der Hausbank zu 3% erhalten kann. Klar, bisschen mehr Aufwand, sicherlich muss man da auch mit den vernünftigen Personen reden ... aber ... ich sehe es doch gar nicht ein, das dreifache, vierfache, fünffache u.s.w zu bezahlen.
Danke. Wie kommst du auf 10-20%?
Andre (KM)
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Re: Bestandsbasierte Finanzierung für Händler

Weil das die normalen Zinssätze p.a. Der Anbieter sind. Für 1-2.5% bietet das kein Dienstleister an. Bin da ganz bei lallekalle.
Mozartkugel
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Re: Bestandsbasierte Finanzierung für Händler

Ich würde niemals meine Einkaufsquellen an 3. weitergeben, völlig undenkbar.
torus
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Re: Bestandsbasierte Finanzierung für Händler

Andre (KM) hat geschrieben: 6. Mär 2020 20:53 Weil das die normalen Zinssätze p.a. Der Anbieter sind. Für 1-2.5% bietet das kein Dienstleister an. Bin da ganz bei lallekalle.
ok, schaue ich nochmal nach aber 1-2,5% wurde quotiert.
torus
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Re: Bestandsbasierte Finanzierung für Händler

Mozartkugel hat geschrieben: 6. Mär 2020 20:57 Ich würde niemals meine Einkaufsquellen an 3. weitergeben, völlig undenkbar.
Genau hier liegt der Hase im Pfeffer meiner Meinung nach. Wie geht die Ware in den Besitz des Fintechs über, wenn auf der B/L nicht das Fintech als Consignee steht?
fuzzy
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Re: Bestandsbasierte Finanzierung für Händler

Das Fintech ist am Ende jedenfalls mit Wahrscheinlichkeit 100% pleite. Bestimmung des Wertes von Chinaware anhand von Amazon-Statistiken, Finanzierung von 100% der Lieferung und dann nebenher noch Tätigkeit als Lagerist und als Liquidator von Ware. Und dann hat man noch ein riesiges Klumpenrisiko, weil in einer Rezession alle Händler gleichzeitig hops gehen und die Ware gleichzeitig unverkäuflich wird.

Klingt nach der Idee von WHU-Absolventen, die nach drei Jahren bei McKinsey am Ende der Fahnenstange angekommen sind und sich jetzt auch mal selbständig machen wollen.
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degraf
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Re: Bestandsbasierte Finanzierung für Händler

FIN TECH, hmm...
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lallekalle
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Re: Bestandsbasierte Finanzierung für Händler

torus hat geschrieben: 6. Mär 2020 20:58
Andre (KM) hat geschrieben: 6. Mär 2020 20:53 Weil das die normalen Zinssätze p.a. Der Anbieter sind. Für 1-2.5% bietet das kein Dienstleister an. Bin da ganz bei lallekalle.
ok, schaue ich nochmal nach aber 1-2,5% wurde quotiert.
Die 1-2,5% sind in der Regel pro MONAT, d.h. einfach x 12 nehmen.
ReginaSF
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Re: Bestandsbasierte Finanzierung für Händler

fuzzy hat geschrieben: 7. Mär 2020 02:20 Und dann hat man noch ein riesiges Klumpenrisiko, weil in einer Rezession alle Händler gleichzeitig hops gehen und die Ware gleichzeitig unverkäuflich wird.
Und diejenigen dort involvierten Händler, die noch nicht von selbst Pleite gegangen sind und vielleicht sogar ein gutes Sortiment hätten, werden mit liquidiert, da sie nichts Eigenes haben.
torus
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Re: Bestandsbasierte Finanzierung für Händler

fuzzy hat geschrieben: 7. Mär 2020 02:20 Das Fintech ist am Ende jedenfalls mit Wahrscheinlichkeit 100% pleite. Bestimmung des Wertes von Chinaware anhand von Amazon-Statistiken, Finanzierung von 100% der Lieferung und dann nebenher noch Tätigkeit als Lagerist und als Liquidator von Ware. Und dann hat man noch ein riesiges Klumpenrisiko, weil in einer Rezession alle Händler gleichzeitig hops gehen und die Ware gleichzeitig unverkäuflich wird.

Klingt nach der Idee von WHU-Absolventen, die nach drei Jahren bei McKinsey am Ende der Fahnenstange angekommen sind und sich jetzt auch mal selbständig machen wollen.
haha, bei Mckinsey musste ich lachen. Das Fintech ist spätestens dann Pleite wenn die EZB die Zinsen anhebt und Geld leihen ausnahmsweise wieder etwas kostet.
torus
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Re: Bestandsbasierte Finanzierung für Händler

Ich sehe dass so: Solange das Fintech mit billigem Geld versorgt wird, kann es anhand der eingepflegten B/Ls eine entsprechend hohe Datenmenge an "evaluierten" Lieferanten vorweisen. Diese Datensätze kann man dann später an irgendein Internetkonzern verkaufen. Im Umkehrschluss kann es theoretisch auch sein, dass ein Internetgigant an dem Fintech beteiligt ist.
torus
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Re: Bestandsbasierte Finanzierung für Händler

lallekalle hat geschrieben: 7. Mär 2020 08:07
torus hat geschrieben: 6. Mär 2020 20:58
Andre (KM) hat geschrieben: 6. Mär 2020 20:53 Weil das die normalen Zinssätze p.a. Der Anbieter sind. Für 1-2.5% bietet das kein Dienstleister an. Bin da ganz bei lallekalle.
ok, schaue ich nochmal nach aber 1-2,5% wurde quotiert.
Die 1-2,5% sind in der Regel pro MONAT, d.h. einfach x 12 nehmen.
Ja, es stimmt. es sind 1-2,5%/Monat. Ich habe das nochmal nachgeprüft. Die Mitarbeiterin mit der ich gesprochen hatte, hat meine Fragen diesbezüglich nicht richtig verstanden. Genau danach hatte ich mehrmals gefragt.
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lallekalle
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Re: Bestandsbasierte Finanzierung für Händler

torus hat geschrieben: 7. Mär 2020 11:21 Ja, es stimmt. es sind 1-2,5%/Monat. Ich habe das nochmal nachgeprüft. Die Mitarbeiterin mit der ich gesprochen hatte, hat meine Fragen diesbezüglich nicht richtig verstanden. Genau danach hatte ich mehrmals gefragt.
Und selbst bei diesen Konditionen ist jedes Pfandleihhaus günstiger. :-)
Für den Anbieter ist das eine Gelddruckmaschine der dann genügend Nicht-Unternehmer und "ich werd mal schnell mit Amazon FBA Millionär" die mit einem schmalen Taler starten ... "ausnehmen" kann. Aber es scheint ja zu funktionieren. Für beide Seiten.
fuzzy
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Re: Bestandsbasierte Finanzierung für Händler

Die Information ist fast nichts wert, weil Daten von B/L z.B. in den USA sowieso verfügbar sind. Da gibts diverse Datenbanken im Netz, in denen man B/L recherchieren kann, die Bezugsquellen sind also kein Geheimnis (z.B. https://ihsmarkit.com/products/piers.html).

In der EU mag so eine B/L ja nichtöffentlich sein, aber ich wette, dass es die Daten in China irgenwo zu kaufen gibt.

Und "evaluiert" ist halt mehr so: "Kaufen SIe eine Liste mit Beqzugsquellen von Amazon-Händlern, denen die Hausbank kein Geld mehr geben will". Die kann man vielleicht im Rahmen von Get-Rich-Quick-mit-Private-Label-Seminaren an Dumme verkaufen, ich würde aber keinen Cent für sowas ausgeben.
Wolke7

Re: Bestandsbasierte Finanzierung für Händler

Ich halte garnichts vom Handel auf pump, das muß ja schief gehen und wenn überhaupt dann schön von der Hausbank bin da ganz konservativ.
torus
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Re: Bestandsbasierte Finanzierung für Händler

Was ist mit Ausschuss? Wer haftet dann? Angenommen ich bin Händler und will die Ware nicht mehr ankaufen weil 10% Ausschuss drunter sind.
fuzzy
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Re: Bestandsbasierte Finanzierung für Händler

DIe werden da schon entsprechende Vertragsbedingungen haben, sonst können sie sich bald vor Fidget Spinnern und Knoblauchpressen gar nicht mehr retten. Nicht wenige China-Bestellungen haben sogar 100% Ausschuss, und da sieht man erneut, dass die Bewertung von Warenwerten anhand von Amazon-Historien Humbug ist. Einem China-Importeur-Schnuffi würde ich auf einen Euro Warenpreis keine 10 Cent Kredit geben. Man fängt sich aber NUR solche Schnuffis ein, der Rest holt sich den Kredit zu 7% bei der Hausbank.

Geht man jetzt wohlwollend davon aus, dass die Fintech-Betreiber nicht komplett auf den Kopf gefallen sind, steckt im Vertragswerk noch irgendwo ein Pferdefuß, über den das FIntech immer gewinnt. Irgendwelche Sicherheiten, Abschlussgebühren, Disagios, Provisionen - man kennt das ja vom "Schufalosen Kredit auch in hoffnungslosen Fällen".
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