Neues Gesetz in Planung: Regierung macht Ernst gegen Abmahnmissbrauch

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fossi
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Neues Gesetz in Planung: Regierung macht Ernst gegen Abmahnmissbrauch

sueddeutsche.de" hat geschrieben:Die Bundesregierung wird am Mittwoch ein Gesetz gegen Abmahnmissbrauch auf den Weg bringen. Es soll die Rechte Abgemahnter stärken und sie davor schützen, von dubiosen Akteuren schon für kleinste Verstöße mit Abmahnungen überzogen zu werden. Das geht aus dem Entwurf des Justizministeriums hervor, der der SZ vorliegt. Am Mittwoch stimmt das Kabinett darüber ab. Danach muss sich der Bundestag damit befassen.
Kompletter Artikel:
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/ ... -1.4446615


Auf den ersten Blick klingt es sinnvoll.
Was unsere Politiker aber im Endeffekt entscheiden und welche Grenzen für Abmahnungen nachher wirklich bestehen, da kann man nur Abwarten. :kaffeesmily


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silent-invest
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Re: Neues gesetz in Planung: Regierung macht Ernst gegen Abmahnmissbrauch

Ich kann mich an kein neues Gesetzt/Artikel erinnern, bei dem wir, das Volk, mal etwas richtig gutes oder sinnvolles bekommen haben. Meistens ist es entweder sinnlos oder unwirksam - oder beides zusammen. Mietpreisbremse, Artikel 13... ach ihr wisst schon ... und dann noch die tollen Dinge dir wir Händler immer noch draufgedrückt bekommen. Ich lese den Artikel erst gar nicht. Ich mag meine Vorurteile :)
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koshop
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Re: Neues Gesetz in Planung: Regierung macht Ernst gegen Abmahnmissbrauch

Bevor ich da die Sektkorken knallen lasse warte ich lieber mal den Gesetzestext ab... Gut gemeint ist noch lange nicht gut gemacht.
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fossi
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Re: Neues Gesetz in Planung: Regierung macht Ernst gegen Abmahnmissbrauch

Deswegen: "Abwarten" :kaffeesmily .

Vermutlich gibt es wieder eine Menge Sonderregelungen und Streichungen im Entwurf, so das die Politiker sagen können "Wir haben doch was gemacht", es aber am Ende keine Wirkung zeigt.
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bcksbx
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Re: Neues Gesetz in Planung: Regierung macht Ernst gegen Abmahnmissbrauch

Schauen wir mal auf die Planungspunkte aus dem SZ-Artikel:

- Streitwert und Strafen bei unerheblichen Verstößen sollen auf 1000 Euro begrenzt werden.
Das klingt mies recherchiert, weil sich eine Strafe aus dem Streitwert ergibt. Ist aber auch so unerheblich, weil die meisten Abmahnungen eh im dreistelligen Bereich abspielen. Interessanter ist die Unterlassungserklärung.

Scheinmitbewerber ausschließen
Klingt gut. Damit würde man die Gemischtwarenläden, die das sportlich gegen die Spezialisten betreiben, schon mal das Ganze schwerer machen.

zertifizierte Wirtschaftsverbände
Ihhh Do könnte so mancher demnächst lange Gesichter machen.

Gerichtsstand des Abgemahnten
Das dürfte auch erstmal Kosten und Zeitaufwand der Abmahner auf eine härtere Probe stellen.

Ist doch soweit erstmal okay. Nachbessern kann man immer noch, besser als nix.
Roemer
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Re: Neues Gesetz in Planung: Regierung macht Ernst gegen Abmahnmissbrauch

bocksbox hat geschrieben: 15. Mai 2019 14:19
- Streitwert und Strafen bei unerheblichen Verstößen sollen auf 1000 Euro begrenzt werden.
Das klingt mies recherchiert, weil sich eine Strafe aus dem Streitwert ergibt. Ist aber auch so unerheblich, weil die meisten Abmahnungen eh im dreistelligen Bereich abspielen. Interessanter ist die Unterlassungserklärung.
Ne, die meisten "Abmahnungen" haben einen Streitwert von mind. € 5.000 um direkt vor ein LG zu können und im Idealfall eine EV zu bekommen.

Bei € 1.000 ist AG ohne EV-Option angesagt. Das heißt für den Klägeranwalt Minihonorare und hohe Gefahr eines ahnungs- u. interessenlosen Richters :-)
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Wolkenspiel
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Re: Neues Gesetz in Planung: Regierung macht Ernst gegen Abmahnmissbrauch

1. Wer bitte entscheidet denn, was ein "unerheblicher" Verstoß ist?? Wie genau wird das definiert? Wo ist die Grenze zum "erheblichen" Verstoß und wer legt sie aufgrund welcher Kriterien fest?
2. Wie kann eine Abmahnung missbräuchlich sein, wenn sie ausgesprochen wird? Jemand hat eine gesetzliche Vorgabe nicht beachtet und wird deshalb abgemahnt. Das ist der Sinn einer Abmahnung und kann nicht missbräuchlich sein, wenn der Verstoß vorliegt.
Ja, ich weiß dass es bei manchen Anwälten ein Geschäftsmodell ist. Aber missbräuchlich ist das noch lange nicht, da die Verstöße ja in der Tat begangen werden. Und nirgendwo steht, wie oft ein Anwalt abmahnen darf, oder habe ich was verpasst?

Das einzige, was man mal abschaffen könnte, ist, dass sich Abmahner feige hinter so einem Drecksverein verstecken können. Man könnte durchaus verlangen, dass man sein Gesicht zeigt, wenn man jemanden anklagt. Die meisten werden diese Vorgaben ebenso nicht umsetzen, deshalb traut sich kaum einer, sichtbar abzumahnen.
Insgesamt ein Grund für uns, Angst zu haben. Vor diesen gelangweilten Gesetzgebern, die einfach mal wieder was tun möchten.
Roemer
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Re: Neues Gesetz in Planung: Regierung macht Ernst gegen Abmahnmissbrauch

Das soll wohl das Anti-Umwelthilfe-Gesetz werden :-)
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Re: Neues Gesetz in Planung: Regierung macht Ernst gegen Abmahnmissbrauch

Wolkenspiel hat geschrieben: 15. Mai 2019 14:40 1. Wer bitte entscheidet denn, was ein "unerheblicher" Verstoß ist?? Wie genau wird das definiert? Wo ist die Grenze zum "erheblichen" Verstoß und wer legt sie aufgrund welcher Kriterien fest?
2. Wie kann eine Abmahnung missbräuchlich sein, wenn sie ausgesprochen wird? Jemand hat eine gesetzliche Vorgabe nicht beachtet und wird deshalb abgemahnt. Das ist der Sinn einer Abmahnung und kann nicht missbräuchlich sein, wenn der Verstoß vorliegt.
Ja, ich weiß dass es bei manchen Anwälten ein Geschäftsmodell ist. Aber missbräuchlich ist das noch lange nicht, da die Verstöße ja in der Tat begangen werden. Und nirgendwo steht, wie oft ein Anwalt abmahnen darf, oder habe ich was verpasst?

Das einzige, was man mal abschaffen könnte, ist, dass sich Abmahner feige hinter so einem Drecksverein verstecken können. Man könnte durchaus verlangen, dass man sein Gesicht zeigt, wenn man jemanden anklagt. Die meisten werden diese Vorgaben ebenso nicht umsetzen, deshalb traut sich kaum einer, sichtbar abzumahnen.
Insgesamt ein Grund für uns, Angst zu haben. Vor diesen gelangweilten Gesetzgebern, die einfach mal wieder was tun möchten.
Ich weiß, es ist OT, aber:
Bist du gar nicht auf dem Rockliner?

:-)
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Boo
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Re: Neues Gesetz in Planung: Regierung macht Ernst gegen Abmahnmissbrauch

Das mit dem Gerichtsstand ist schon mal super. Keine Idioten mehr in Hamburg, Köln, Rostock.
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Wolkenspiel
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Re: Neues Gesetz in Planung: Regierung macht Ernst gegen Abmahnmissbrauch

Ich weiß, es ist OT, aber:
Bist du gar nicht auf dem Rockliner?

:-)
[/quote]

Ohhhh doch! juhu
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Re: Neues Gesetz in Planung: Regierung macht Ernst gegen Abmahnmissbrauch

Wolkenspiel hat geschrieben: 15. Mai 2019 14:40 1. Wer bitte entscheidet denn, was ein "unerheblicher" Verstoß ist?? Wie genau wird das definiert? Wo ist die Grenze zum "erheblichen" Verstoß und wer legt sie aufgrund welcher Kriterien fest?
Am Ende das Gericht. Wenn das Gericht sagt, der Verstoß ist unerheblich sind die Anwalts- und Gerichtskosten nicht vom abgemahnten zu erstatten. Der Abmahner muss ja klagen, wenn der abgemahnte nicht freiwillig zahlt.
Wolkenspiel hat geschrieben: 15. Mai 2019 14:40 2. Wie kann eine Abmahnung missbräuchlich sein, wenn sie ausgesprochen wird? Jemand hat eine gesetzliche Vorgabe nicht beachtet und wird deshalb abgemahnt. Das ist der Sinn einer Abmahnung und kann nicht missbräuchlich sein, wenn der Verstoß vorliegt.
Ja, ich weiß dass es bei manchen Anwälten ein Geschäftsmodell ist. Aber missbräuchlich ist das noch lange nicht, da die Verstöße ja in der Tat begangen werden. Und nirgendwo steht, wie oft ein Anwalt abmahnen darf, oder habe ich was verpasst?
Eine Abmahnung kann aus vielen Gründen missbräuchlich (besser: rechtsmissbräuchlich) sein. Auch wenn der Verstoß tatsächlich besteht. Mit dem Begriff "rechtsmissbräuchlich" wird das ganze etwas deutlicher. Es wird nicht auf den abgemahnten Sachverhalt, sondern auf die Umstände der Abmahnung abgezielt.
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Wolkenspiel
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Re: Neues Gesetz in Planung: Regierung macht Ernst gegen Abmahnmissbrauch

Dass das ein Gericht entscheidet, ist mir klar. Was ich damit sagen wollte, ist, dass die Formulierung einfach juristischer Unfug ist, weil es nicht definiert ist, weil das Ganze in Richtung "Ansichtssache" abdriftet.
Und dass eine Abmahnung aus vielerlei Gründen rechtsmissbräuchlich ist, sehe ich anders. Das ist genauso eine schwammige Geschichte wie das "unerheblich". Nicht umsonst leben Anwälte wie Sandhage und Co. immer noch und üben weiterhin ihren Beruf aus. Wäre ihnen wirklicher Rechtsmißbrauch nachgewiesen, wäre ja ein Berufsverbot unumgänglich. Kennt man einen solchen Fall? Natürlich nicht. :|
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RA Peter Kraus
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Re: Neues Gesetz in Planung: Regierung macht Ernst gegen Abmahnmissbrauch

Das "unerheblich" gab es schon lange Zeit bis vor einigen Jahren in Form der früheren Bagatellschwelle. Dann kam eine Rechtsprechung, die (vereinfacht gesagt) erklärt hat, dass ein Verstoß gegen eine EU-Verbraucherschutznorm nie eine Bagatelle sein könne.

Den "Rechtsmissbrauch" gibt es schon lange als Einwand, den Gerichte eigentlich auch beachten - wenn man ihn denn belegen kann. Es geht dabei übrigens nicht um "Rechtsmissbrauch" durch die Anwälte, sondern durch deren jeweiligen Mandanten.

Die Beschränkung auf nur noch "seriöse" Vereine ist im Grunde auch nichts Neues. Schon heute gibt es ja genaue Regelungen, welche Art von Vereinen abmahnen darf. So wird man das Problem nicht lösen.

Die Deckelung von Streitwerten und die Abschaffung des fliegenden Gerichtsstands helfen vielleicht ein bisschen (da erinnere ich mich an anfängliche Euphorie bei einem vergleichbaren Gesetz vor etwa sechs Jahren im Urheberrecht, das auf Filesharing-Abmahnungen u.ä. zielte):

https://www.markenanwalt.net/rund-150-e ... ind-genug/

Aber wenn man dem Abmahnunwesen wirklich einen harten Schlag versetzen wollte, dann müsste man dekretieren, dass für die erste Abmahnung kein Kostenerstattungsanspruch entsteht.

Hilfreich wäre auch, wenn man sich die eine oder Verbraucherschutz-Richtlinie oder Datenschutz-Grundverordnung sparen würde.
ReginaSF
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Re: Neues Gesetz in Planung: Regierung macht Ernst gegen Abmahnmissbrauch

Man sollte nun aber auch nicht so tun, als seien Abmahnungen das Teufelszeug schlechthin und das Kind mit dem Bade ausschütten. Wenn ich für eine gerechtfertigt Abmahnung z. B. keinen Anspruch auf Kostenersatz habe, dann geht's halt direkt vor Gericht. Ob das für den dann nicht mehr Abgemahnten sondern dann Beklagten wirklich die bessere Alternative ist... Den Anwälten ists eher egal, Arbeit gibt's so oder so.

Weniger krude Regeln, die ja das Kerngeschäft für die Abmahnvereine sind, erscheinen mir da sinniger - aber wer dreht schon dieses Rad zurück, es wird eher das Gegenteil passieren.
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RA Peter Kraus
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Re: Neues Gesetz in Planung: Regierung macht Ernst gegen Abmahnmissbrauch

ReginaSF hat geschrieben: 17. Mai 2019 21:26 Man sollte nun aber auch nicht so tun, als seien Abmahnungen das Teufelszeug schlechthin und das Kind mit dem Bade ausschütten.
Doch. Man muss sich da entscheiden. Wo es das Instrument der kostenpflichtigen Abmahnung gibt, da lädt es zum Missbrauch ein.

In anderen Ländern kommt man auch ohne diese deutsche Besonderheit ganz gut zurecht.

Ich glaube nicht, dass ohne die Kostenerstattungspflicht bei uns die Welt untergehen würde.
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Re: Neues Gesetz in Planung: Regierung macht Ernst gegen Abmahnmissbrauch

RA Peter Kraus hat geschrieben: 17. Mai 2019 22:45
ReginaSF hat geschrieben: 17. Mai 2019 21:26 Man sollte nun aber auch nicht so tun, als seien Abmahnungen das Teufelszeug schlechthin und das Kind mit dem Bade ausschütten.
Doch. Man muss sich da entscheiden. Wo es das Instrument der kostenpflichtigen Abmahnung gibt, da lädt es zum Missbrauch ein.
Hach, was wäre die Welt ohne Schwarz-Weiß-Denken. Wenn man alles, was zu Missbrauch einlädt abschaffen würde, gäbe es -- Nichts. Und selbst beim Nichts könnte man sich nicht sicher sein, wenn ein Anwalt zugegen ist (schwarz-weiß, you know it).
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Re: Neues Gesetz in Planung: Regierung macht Ernst gegen Abmahnmissbrauch

Spinnen wir die Idee doch mal weiter: Abmahnungen sind unattraktiv und kosten mich als Abmahner viel Geld und noch mehr Aufwand. Der Konkurrent benimmt sich trotzdem geschäftsschädigend und missachtet die Regeln zu seinem Vorteil. Also direkt druff, Einstweilige Verfügung, bäm. Vorläufiger Rechtsschutz und ein Schriftstück mit einem einleitenden Text und Strafandrohung, gegen die jede Unterlassungserklärung wie das Geplapper freundlicher alter Damen beim Kaffeekränzchen wirkt. Erlassen ohne Anhörung, diskutiert wird später, da die Gerichte auch jetzt schon überlastet sind und sich ohne das Werkzeug der Abmahnung die Zahl der Anträge auf einstweilige Verfügung vervielfachen wird.

Ein Fest für Anwälte, ein Hoch auf die Gebührenordnung. Denn diese Berufsgruppe braucht man erst mal für den Antrag, der Gegenüber um sich zu verteidigen, vor Gericht sowieso, für den Widerspruch nochmal und schließlich im Hauptsacheverfahren, wenn es vorher nicht einen der beiden Kontrahenten zerlegt hat. Die Kosten durch IDO und Co. sind Trinkgeld dagegen. Der Verlierer zahlt.

Und genau dahin würde dann die Karawane weiterziehen, denn die Ursache der überbordenden Regeln ist nicht beseitigt. Zwar hätten dann Abmahnvereine keine Einnahmen mehr, aber dafür feiern mehr spezialisierte Rechtsanwälte die teure Gebührenordnung. Und wie wärs mit einem lecker Geschäftsmodell mit Schutzschriften? (Schutzschriften, nicht Schutzgeld, das ist was anderes)

In der Konsequenz könnte das heißen: alles wie gehabt, nur schärfer. Das Grundthema wird nicht einfach verschwinden. Wie realistisch ist es anzunehmen, dass Juristen das abschaffen, was sie in der Vergangenheit in akribischer und liebevoller Detailarbeit aufgebaut haben?

Gerechtfertigte Abmahnungen durch echte Spieler am Markt sind ein gutes Werkzeug. Und Missbrauch durch alle anderen muss minimiert werden. Dazu müsste man erst mal diese Verbände und deren Abmahnrecht abschaffen (nicht nur einschränken, wie im Gesetzentwurf). Und dann müsste man an den von Bürokraten und Juristen erschaffenen Wust der kleinteiligen Regelungen ran und diesen um 90 % runterfahren. Denn z. B. ein nicht funktionierender OS-Plattform-Link ist nun mal nur in juristischen Augen was Böses und wenn z. B. dieser Grund von Gerichten als wichtig genug für eine erfolgreiche Abmahnung angesehen wird, dann ist er es auch für eine einstweilige Verfügung. Denn wir haben ja oben schon gelernt, dass ein Verstoß gegen eine EU-Verbraucherschutznorm nie eine Bagatelle sein kann...
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Re: Neues Gesetz in Planung: Regierung macht Ernst gegen Abmahnmissbrauch

ReginaSF hat geschrieben: 17. Mai 2019 23:44 ... Missbrauch durch alle anderen muss minimiert werden. Dazu müsste man erst mal diese Verbände und deren Abmahnrecht abschaffen (nicht nur einschränken, wie im Gesetzentwurf). Und dann müsste man an den von Bürokraten und Juristen erschaffenen Wust der kleinteiligen Regelungen ran und diesen um 90 % runterfahren.
Da stimme ich zu.

Im Übrigen ist es aber nicht richtig, dass "sofort druff mit einstweiliger Verfügung" die logische Entwicklung wäre, wenn man nur die Kostenerstattungspflicht abschaffen würde.

Und wenn ich dem Rest Ihrer Argumentation richtigerweise eine Kritik am Institut "einstweilige Verfügung ohne Anhörung des Gegners" entnehme (?), dann bin ich da ebenfalls voll bei Ihnen.

Allerdings spricht man den bösen Juristen zu viel Macht zu, wenn man sie als treibende Kraft hinter allen Fehlentwicklungen sieht. Die Bemutterung durch den Gesetzgeber rührt aus merkwürdigen politischen Ansichten her. Und für Anwälte hat die Medaille auch zwei Seiten. Zunächst ärgert man sich über die kleinteiligen und meist schlecht gemachten Regelungen. Die Freude über den zusätzlichen Arbeitsanfall wird da oft nur als Trost mit einem resignierten Schulterzucken geäußert.
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koshop
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Re: Neues Gesetz in Planung: Regierung macht Ernst gegen Abmahnmissbrauch

Und dass eine Abmahnung aus vielerlei Gründen rechtsmissbräuchlich ist, sehe ich anders. Das ist genauso eine schwammige Geschichte wie das "unerheblich". Nicht umsonst leben Anwälte wie Sandhage und Co. immer noch und üben weiterhin ihren Beruf aus. Wäre ihnen wirklicher Rechtsmißbrauch nachgewiesen, wäre ja ein Berufsverbot unumgänglich.
Verurteilungen gab es schon:
Zu Schadenersatz:
https://www.ratgeberrecht.eu/abmahnung/ ... teilt.html
Zu Freiheitsstrafen auf Bewährung:
https://www.jurion.de/urteile/bgh/2017- ... tr-483_16/

Und Rechtsmißbrauch lässt sich schon recht gut definieren: Immer dann wenn die Abmahnung nicht der Beseitigung von Wettbewerbsverstößen sondern allein zum Zweck des Geldverdienens ausgesprochen wird. Indizien dafür sind dann z.B. eine Teilung der Gebühren zwischen Auftraggeber und Anwalt, der Verzicht auf Geltendmachung der Kosten, wenn der Anwalt mehr oder weniger eine Blankovollmacht zum abmahnen hat und der "Auftraggeber" gar nix von den Abmahnungen weiß. Der Nachweis fällt natürlich schwer in solchen Fällen aber schwammig ist das eigentlich nicht.

Insgesamt sind Reformen überfällig.

Für Abmahnungen besteht überdies keine Anwaltspflicht. In der Zeit in der ich einem Anwalt eine E-mail schreibe dass er Händler X abmahnen soll kann ich auch die Abmahnung an den Händler X selbst schicken - zumindest in einfach gelagerten und eindeutigen Fällen.

Die meisten beauftragen alleine deshalb einen Anwalt mit der Abmahnung weil sie dem Abgemahnten mit den Anwaltskosten eins reindrücken wollen. Die Anwaltskosten dienen in den meisten Fällen nicht der "Aufwandserstattung" für die Abmahnung sondern sind eine mehr oder weniger willkürlich festgelegte "Strafgebühr" die man dem unliebsamen Konkurrenten aufs Auge drücken will. Das Abmahnrecht in Deutschland war in den letzten Jahren eine Form gesetzlich legitimierter Selbstjustiz.
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