Roemer hat geschrieben: ↑23. Okt 2021 12:30
Aber das Oberzauberwort lautet "Eigentümerquote". Also, wie viele Wohnungen in einem Haus werden von Eigentümern selber bewohnt. Bei einer hohen Quote ist auch die Wahrscheinlichkeit hoch, daß man sich in Qualität einkauft. Wenn alles nur vermietet wird, hat kaum ein Eigentümer Interesse an Instandhaltung. Das Haus verloddert.
Sollte man meinen, aber bei mir (27 Einheiten) sind die Eigentümerquote und das Durchschnittsalter der Eigentümer recht hoch, was dazu führt, dass die Leute mit den kleinsten Wohnungen (also die Mehrheit) die teuersten Sachen beschließen und von der Hausverwaltung auch munter dazu ermutigt werden. Man könnte meinen, die HV ist so eine Art Handwerkerportal. Die Eigentümer in der Eigentümerversammlung sind teilweise mittlerweile so altersverwirrt, dass sie überhaupt nicht mitkriegen, was da abgestimmt wird. Ich habe schon erlebt, wie Leute einfach so – mitten in der Veranstaltung – die Hand zur Abstimmung heben. Und dann gibt es noch die Querulanten, die erfolgreich alle Niederbrüllen und als Hobbyjurist jedem durch die Blume mit Klage drohen, der nicht willig ist.
Der Reparaturfond ist leer, das Dach ist immer noch nicht gemacht, dafür wird das Gebäude zum wiederholten Male neu gestrichen, unendlich viel Geld in die Grünanlage versenkt, Holzschnitzereien an einem Baumstumpf durch einen überbezahlten Künstler, Pflasterarbeiten mit besonderen Steinen, vorhandene Zäune werden ersetzt, die Liegenschaft fett beleuchtet, ... Ich habe die größte Wohnung und zahle diesen Schwachsinn entsprechend mit, wir sind mittlerweile im Bereich der vierstelligen Sonderumlagen angekommen.
Aufgrund diverser Maßnahmen steigen die Nebenkosten stetig, für eine 90-qm-Wohnung sind wir mittlerweile, inkl. unauffälliger Heizkosten, bei 450 € umlagefähiger Positionen angekommen. Das läppert sich über unzählige Positionen zusammen, das geht über Gehwegreinigung, Putzfrau, Dachrinnenreinigung, Fensterputzerei, Garten, Hausmeister bis hin zu Kabelfernsehen. Ich weiß gar nicht, wie ich das den Mietern erklären soll und muss entsprechend mit der Kaltmiete runter, sonst mieten solvente Miete lieber ein frei stehendes Einfamilienhaus zu dem aufgerufenen Kurs. Mittlerweile fällt das sogar dem Finanzamt im teuren Rhein-Main-Gebiet auf, dass die Kosten für die Wohnung in Norddeutschland in keinem Verhältnis stehen, die Gewinnerzielungsabsicht wird seit Jahren bezweifelt.
Ich bin in der Liegenschaft aufgewachsen, und das war dort nicht immer so misslich – es hat sich über die letzten zehn Jahre erst so entwickelt.
Deswegen mein Tipp, man prüfe besser die Historie, bevor man sich ewig an eine Immobilie bindet. Je größer die Liegenschaft, desto größer die Probleme und Risiken. Kleine WEG bzw. Mehrfamilienhäuser haben den Vorteil, dass bestimmte Nebenkostenpositionen typischerweise nicht anfallen werden, z. B. Festbeleuchtung, extern beauftragte Reinigungsgeschichten oder Gartenarbeiten. Schlussendlich, Mieter sein hat den Vorteil, dass man kurzfristig in den Sack hauen kann, wenn man die Schnauze voll hat – das geht als Eigentümer nicht so einfach.
Ich lese immer so tolle Sachen mit vermieteten Wohnungen. Das ist nicht so trivial und nichts für Anfänger. Also es ist schon so, dass man als Vermieter ständig was für die vermietete Wohnung tun muss und auch sämtliche unternehmerischen Risiken trägt. Wenn ich die letzten 25 Jahre Revue passieren lasse, so mit Eingehungsbetrug, Zahlungsausfällen, Räumungsklagen, Leerständen, faulen Maklern, Renovierungskosten, Sonderumlagen, Streit unter Mietern, Mietrückstände, Leute die in H4 abrutschen und unzählige Formulare von der Arge beibringen, Mietzahlungen vom Amt, die einfach ausbleiben, … nach alledem kann ich von vermieteten Wohnungen als Altersversorgung nur stark abraten, zumal es eher schlimmer als besser wird. Bei den derzeitigen Immobilienpreisen stimmt ohnehin der materielle Gegenwert nicht mit der Markterwartung überein, das muss ja schief gehen.
Aber jeder ist ja seines Glückes Schmied
.