Ich stimme Dir zu, aber ich meine das anders, als Du es aufgefasst hast:
Das Problem mit der "evidenzbasierten Ernährungswissenschaft" ist leider ihre oft mehr als schmale Basis. Menschen sind keine Versuchstiere und leben nicht unter Glas - es ist somit leider oft schwer bis unmöglich echte kausale Zusammenhänge herzustellen zwischen einer bestimmten Ernährungsform und körperlichen Effekten. Es geht also oft mehr um Korrelationen, die dann auch noch von den unterschiedlichen "Glaubensrichtungen" vereinnahmt und in ihrem Sinne gedeutet werden.
Die oft gepriesene Gesundheit von Vegetariern könnte ihre Ursache eben auch in dem haben, was sie stattdessen essen (= mehr Gemüse als andere) und nicht nur in dem, was sie weglassen (= Fleisch). Darüber hinaus pflegen diese Leute meist einen komplett anderen, gesünderen Lebensstil; Sport, Entspannung, ausreichend Schlaf, wenig Junkfood, wenig Zucker usw. Das wir daber in den Studien nicht abgebildet.
Es gibt eher wenige sauber geführte Studien - und gegen die ist nichts zu sagen - aber der Rest macht es eben kompliziert: Da wird geschätzt, gefragt ohne zu kontrollieren, Statistiken werden schöngerechnet; das ist leider alles andere als wissenschaftlich.
Und bitte: Wer liest denn die Studien? Beziehen wir unser Ernährungswissen nicht überwiegend aus Quellen wie Zeitschriften oder meinetwegen auch populärwissenschaftlichen Büchern?
Mit "für sich selbst herausfinden" meine ich nicht, dass jemand etwas subjektiv gut findet. Ich find Weißbrot mit Nutella auch subjektiv gut.
Was ich damit meine: Wenn man keine Rohkost verträgt, oder keinen Frischkornbrei, oder nur makrobiotisches Essen, oder Vollkorngetreide oder was-weiß-ich, dann sollte man es besser lassen, auch wenn Ernährungs-Guru XYZ es als die reine Lehre predigt.
Weiterhin gibt es persönliche gesundheitliche Konstitutionen, die einen in die Selbstverantwortung bringen: Bei Autoimmunerkrankungen kann es z.B. von Vorteil sein, auf Milchprodukte zu verzichten, muss es aber nicht. Wenn jemand einen Hashimoto-Thyreoiditis hat, dann sollte er selbst entscheiden, ob er "Super-Food"-Algen zu sich nimmt, mit deren Jodgehalt er evtl. seine Schilddrüse komplett ruiniert. Frauen mit erhöhtem Brustkrebsrisiko müssen abwägen, ob sie viele Sojaprodukte zu sich nehmen möchten, oder nicht.
Ich finde es schade, dass sich das allg. Bild so darstellt, dass die Rohkostanhänger die Normalesser verachten und die Veganer die Fleischesser und die Lowcarb-Anhänger die Highcarb-Anhänger und die Vegetarier die Pescetarier und die Paläo-Anhänger die Getreidefreaks usw usf und jeder nimmt für sich in Anspruch die allein gültige reine Lehre zu predigen.
Das ist anstrengend, kontraproduktiv, überflüssig.