Spezial-Kunde | Anwaltsschreiben

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daytrader
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Spezial-Kunde | Anwaltsschreiben

Mahlzeit,

habe hier eine anwaltliche Aufforderung ein Geschäft Zug um Zug rückabzuwickeln. Ein 4 Monate altes Messgerät sei ungenau. Ich soll erst die 400 € erstatten, dann wird zurück gesendet. Andersfalls sei der Anwalt gehalten, das Mahnverfahren zu eröffnen.

Vorgeschichte war, dass ich verlangt hatte, die Ware zur Prüfung an mich einzusenden (was verweigert wurde....er wolle erst Geld) und wenn überhaupt, erst dann erstatte ​und er den Paypal Fall bereits verloren hatte. Nun der Versuch über Anwalt.

Wie schaut es rechtlich aus? Der Mangel könne jederzeit durch Zeugen belegt werden schreibt der Anwalt. Schön und gut, ich würde dies gerne selber prüfen? Seit wann habe ich als Verkäufer dazu kein Recht mehr? Was ist mit 2x Nachbesserung? Ist das überholt?

Und weshalb soll ich zuerst Geld erstatten und dann Ware? Wo gibts denn sowas, außer in Amazonien?


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fossi
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Re: Spezial-Kunde | Anwaltsschreiben

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
§ 437 Rechte des Käufers bei Mängeln
Ist die Sache mangelhaft, kann der Käufer, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

1. nach § 439 Nacherfüllung verlangen,
2. nach den §§ 440, 323 und 326 Abs. 5 von dem Vertrag zurücktreten oder nach § 441 den Kaufpreis mindern und
3. nach den §§ 440, 280, 281, 283 und 311a Schadensersatz oder nach § 284 Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen.
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
§ 440 Besondere Bestimmungen für Rücktritt und Schadensersatz
Außer in den Fällen des § 281 Absatz 2 und des § 323 Absatz 2 bedarf es der Fristsetzung auch dann nicht, wenn der Verkäufer beide Arten der Nacherfüllung gemäß § 439 Absatz 4 verweigert oder wenn die dem Käufer zustehende Art der Nacherfüllung fehlgeschlagen oder ihm unzumutbar ist. Eine Nachbesserung gilt nach dem erfolglosen zweiten Versuch als fehlgeschlagen, wenn sich nicht insbesondere aus der Art der Sache oder des Mangels oder den sonstigen Umständen etwas anderes ergibt.
"§ 323 Rücktritt wegen nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachter Leistung" oder gar "§ 281 Schadensersatz statt der Leistung wegen nicht oder nicht wie geschuldet erbrachter Leistung" sehe ich hier als unpassend an. Du hast ja geliefert und ein ggfs vorhandener Schaden am Gerät muss erstmal geprüft werden.


Kurz: Wenn es dem zumutbar Käufer ist, hast du zwei Versuche zur Nachbesserung.
Stellst du dich quer, dann könnte der Kunde sofort Geld zurück verlangen, aber das ist hier ja nicht gegeben.
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daytrader
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Re: Spezial-Kunde | Anwaltsschreiben

Also einfach nur Taktik vom Anwalt ohne irgendwas greifbares? Ich tendiere dazu, ohne eigenen Anwalt, dem Anwalt genau das zu schreiben, was ich dem Kunden geschrieben habe----> Einsendung zur Prüfung und ggf. Nachbesserung (wenn Mangel vom Hersteller bestätigt wird). Rückabwicklung ablehnen. Chancen stehen gut, oder?
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koshop
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Re: Spezial-Kunde | Anwaltsschreiben

Also ich sehe jetzt auch keinen Rücktrittsgrund für den Kunden, vorausgesetzt du hast nix gemacht, was man als Verweigerung der Nacherfüllung auslegen könnte.
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hkhk
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Re: Spezial-Kunde | Anwaltsschreiben

Sehr geehrte Herr <Superanwalt>,

auch ein Advokat aus <Hintertupfingen> hat sich an die gesetzlichen Regelungen zu halten.
Daher bestehe ich, wie bereits dem Käufer ausführlich dargelegt....


Ja, ich würde den Advokaten wirklich so anschreiben.
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daytrader
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Re: Spezial-Kunde | Anwaltsschreiben

Das kann er nun wirklich nicht behaupten. Ich habe ihm nachweislich mehrmals freundlich die Prüfung und Nachbesserung angeboten.

Gerade mal aus den Mails kopiert.
Wenn dieser einen Mangel hat, wird die Reklamation geprüft und der Mangel abgestellt. Dazu senden Sie das Gerät bitte mit Rechnung und beiliegender Problembeschreibung an meine Anschrift ein. Ich werde die Reklamation vom Hersteller prüfen lassen.
später nochmal:
Bei einem Mangel haben Sie das Recht auf Nachbesserung. Hierzu senden Sie mir das Produkt zur Prüfung ein und es wird nachgebessert, so wie gesetzl. vorgegeben.
Ich denke mein Wille war klar erkennbar.

Das Ganze ist eine Retourkutsche. Als ich seine Rückgabe des gebrauchten Gerätes abgelehnt habe und auf Prüfung und Nachbesserung gepocht habe, hat er mir mehrfach gedroht. Daraufhin habe ich ihm freundlich aber direkt zu verstehen, dass er dies sein lassen möchte und ich zukünftig auf solche Mails nicht mehr reagieren werde.

Naja dann hat er Paypal eingeschaltet und ohne Rücksendung natürlich verloren. Jetzt halt der Anwalt...
Schreiber Ling
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Re: Spezial-Kunde | Anwaltsschreiben

Sieht wirklich nicht so schlecht aus für dich – was es nicht alles für Sachen gibt :D

Hat er eigentlich um einen Vorschuss für die Versendung gebeten?
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daytrader
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Re: Spezial-Kunde | Anwaltsschreiben

Schreiber Ling hat geschrieben: 11. Jun 2021 14:58
Hat er eigentlich um einen Vorschuss für die Versendung gebeten?
Für die Einsendung zur Prüfung? Nein. Nur Ablehnung.....kaputt, will keinen Ersatz. Durch seine Ablehnung kamen die Versandkosten nicht zur Sprache.

Habe mir gerade überlegt was der Anwalt eigentlich will. Es war ein normaler Brief...also eh kein Zustellbeleg. Wenn ich nun innerhalb der Frist nicht reagiere. Wird er das angekündigte Mahnverfahren starten? Er hat ja den Schriftverkehr gelesen, nehme ich an. Er sieht ja, dass ich die Prüfung und Nachbesserung angeboten habe. Er sieht die Drohungen seines Mandanten. Als Fachanwalt für Internetrecht dürfte er wissen, dass ich mir eigentlich nichts habe zu Schulden kommen lassen. Ergo müsste er wissen, dass ich bei einem Mahnbescheid, widerspreche.

2 Fragen....1. das Recht auf Prüfung der Reklamation habe ich, oder? Ich hätte auch nicht auf Zuruf per Email, mangelfrei Ware zusenden müssen (abgesehen davon, dass er ja keinen Ersatz wollte), richtig!?
2. Unabhängig von der Nachbesserungsgeschichte...weshalb verlangt der Anwalt, dass ich erst erstatte und ich anschließend die Ware zurück bekomme? Gibt es da eine rechtl. Grundlage? Hätte ich nicht das Recht auf zuerst Ware zurück und dann Geld zurück? Nicht umsonst versende ich nur nach Zahlungseingang. Mir geht es da mehr um zukünftige Retouren. Ich würde ja jeder 2. Rücksendung nachlaufen. Das ist ja wie Rechnungskauf auf eigene Faust.
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koshop
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Re: Spezial-Kunde | Anwaltsschreiben

Dem Anwalt ist doch das Wumpe. Der kriegt sein Geld auch wenn er verliert. Wenn der Mandant unbedingt will...
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hkhk
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Re: Spezial-Kunde | Anwaltsschreiben

https://sevdesk.de/lexikon/gewaehrleistung/
Wichtig zu wissen ist allerdings, dass der Verkäufer zunächst ein Recht auf Nacherfüllung besitzt. Du als Verkäufer oder Dienstleister kannst also den Fehler ausbessern bevor dein Kunde komplett aus dem Vertrag aussteigen kann.
Aber das ist ja bekannt.

Wann erfolgte denn die "Reklamation"?
Innerhalb der Widerrufsfrist?
Ich gehe aber davon aus, dass du die Rücksendekosten nicht übernimmst. Der Käufer hätte also auch dann erst mal zurücksenden müssen.

https://www.it-recht-kanzlei.de/Thema/g ... tml?page=4
Ist der Verkäufer berechtigt, die Kaufsache vom Käufer zur Überprüfung der Mängel herauszuverlangen?

Ja. Die Geltendmachung eines Nacherfüllungsanspruchs umfasst die Bereitschaft des Käufers, dem Verkäufer die Kaufsache zur Überprüfung der erhobenen Mängelrügen zur Verfügung zu stellen

Als Verkäufer musst du bei einer Mängelrüge aber die Rückversandkosten zwecks Überprüfung tragen.
Ich habe auf die Schnelle nicht gefunden, ob der Käufer oder der verköäufer damit in Vorleistung treten muss und ob du als Verkäufer diese Versandkosten dann ablehnen kann, sollte sich die Mängelrüge als unbegründet erweisen.
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daytrader
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Re: Spezial-Kunde | Anwaltsschreiben

Die Reklamation erfolgte als das Teil 4 Monate alt war. Also außerhalb der Widerrufsfrist und innerhalb der ersten 6 Monate der Gewährleistung.

Dass mit den Kosten für die Rücksendung, ist glaube nicht geklärt bzw. nirgends geschrieben, dass der VK in Vorleistung gehen muss. Ich meine er kann im berechtigten Fall, auch anschließend erstatten. Eine Behauptung aufstellen "ist kaputt", kann ja erstmal jeder. Ob das stimmt ist eine andere Sache. Aber das stand wie gesagt gar nicht zur Debatte. Er wollte das 4 Monate alte Ding nicht mehr und zum vollen Preis zurück geben. Dagegen habe ich mich gewehrt und ihm die Prüfung/Nachbesserung angeboten.
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hkhk
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Re: Spezial-Kunde | Anwaltsschreiben

na dann kannst du dich doch genüsslich zurücklehnen.
Soll der Anwalt doch einen Mahnbescheid erlassen. Kann er das denn überhaupt? Ich meine: Er kann doch nicht einfach Geld fordern für eine Ware, die er (sein Mandant) noch hat. Mahnbescheid ginge doch nur, wenn Käufer z.B. widerruft/zurückschickt und er kein Geld zurück bekommt.
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daytrader
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Re: Spezial-Kunde | Anwaltsschreiben

hkhk hat geschrieben: 11. Jun 2021 17:57 Kann er das denn überhaupt? Ich meine: Er kann doch nicht einfach Geld fordern für eine Ware, die er (sein Mandant) noch hat.
Das wundert mich ja gerade! Ist das nur Taktik "Oh Anwalt, ich mach mir in die Hose, lieber schnell überweisen bevor es teuer wird" oder gibt es dazu eine rechtliche Grundlage?

Stell dir mal bei jeder Retoure würde man erst das Geld erstatten und dann auf die Ware warten. Das wäre in einigen Bereichen wirtschaftlicher Selbstmord, weil man von einiger Klientel nie wieder was hört. Selbst wenn er Recht hätte und ich Fehler gemacht hätte, würde ich dennoch erst die Ware haben wollen, dann Erstattung.
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koshop
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Re: Spezial-Kunde | Anwaltsschreiben

Naja, es ist halt so das bei einer Rückabwicklung diese "Zug um Zug" erfolgen würde. Zug um Zug heißt keiner muss in Vorleistung gehen, weil jede Leistung im Prinzip von der Erbringung der Gegenleistung erfolgt. Praktisch ist das aber eigentlich nur im Ladengeschäft möglich. Im Widerufsrecht wurde dem Rechnung getragen und die Rückzahlung kann vom Rückerhalt der Ware bzw. dem Nachweis des Rückversands abhängig gemacht werden. Im Gewährleistungsrecht besteht das Problem meines Wissens nach immer noch.

Aber an dem Punkt mit der Rückabwicklung sind wir ja noch gar nicht.

Grundsätzlich ist es bei einem Gewährleistungsfall aber so, daß sich der Kunde nur im Einzelfall einem Rückversand zur Nachbesserung verweigern kann, z.B. wenn es irgendwas sperriges ist:
https://legal.trustedshops.com/blog/201 ... uecksenden
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Re: Spezial-Kunde | Anwaltsschreiben

koshop hat geschrieben: 11. Jun 2021 18:20 Im Gewährleistungsrecht besteht das Problem meines Wissens nach immer noch.
Heißt also auf deutsch, Zug um Zug wie vom Anwalt gefordert nicht realisierbar und mit einer Forderung "erst Ware, dann Geld" würde ein Händler wohl nicht hinten runterfallen vor Gericht?
Aber warum fordert er es dann? Nur mal so probieren, ob es klappt?
Grundsätzlich ist es bei einem Gewährleistungsfall aber so, daß sich der Kunde nur im Einzelfall einem Rückversand zur Nachbesserung verweigern kann, z.B. wenn es irgendwas sperriges ist:
https://legal.trustedshops.com/blog/201 ... uecksenden
Ist ganz normale paketfähige Ware. Der Kunde hat damals per Email argumentiert, dass er in den Hersteller des Gerätes nun kein Vertrauen mehr hätte und daher keine Nachbesserung möchte.
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Re: Spezial-Kunde | Anwaltsschreiben

Das ist ja eigentlich der Witz: Zug um Zug ist gerade dadurch charakterisiert, dass keiner verpflichtet ist, in Vorleistung zu treten, sondern dass jeder Teil seine Leistung solange verweigern kann, wie der andere noch nicht geleistet hat. Das heißt, in entsprechenden Fällen wird man dann, wenn ein Anspruch besteht und man verklagt wird, dazu verpflichtet, den Anspruch Zug zum Zug zu erfüllen. Deshalb wundert mich allein schon, warum hier "Zug zum Zug rückabgewickelt" werden soll, nebst der Behauptung, man sei zur Vorleistung verpflichtet :D

Und darüber hinaus ist natürlich, wie wohl einhellig gesagt wurde, noch nicht mal klar, dass der Käufer überhaupt schon einen Anspruch auf Rückabwicklung hat. Streng genommen kann man zwar nicht von einem "Recht auf Nacherfüllung" sprechen, denn ein solches Recht würde ja bedeuten, dass der Verkäufer auch gegen den Willen des Käufers nacherfüllen darf. Aber Voraussetzung für den wirksamen Rücktritt des Käufers ist, zumindest grundsätzlich, Ausnahmen sehe ich jetzt hier nicht, dass er dem Verkäufer angemessene Frist gegeben hat, nachzuerfüllen. Das scheint ja offensichtlich nicht der Fall zu sein; und damit fehlt es ganz schlicht an einer Voraussetzung für den Rücktritt beziehungsweise für den Rückzahlungsanspruch.

Ansonsten noch, ja, wenn Nacherfüllung verlangt wird, kann der Käufer für den Transport Vorschuss verlangen.

Und im Übrigen ganz allgemein, wenn zwei Leute sich etwas schulden – wenn; wie gesagt, hier sehe ich noch nicht mal, dass tatsächlich bereits ein Rückzahlungsanspruch bestehen würde – und nicht wirklich aus bestimmten Umständen heraus sich etwas anders ergibt ("Vorleistungspflicht"), dann ist keiner von beiden verpflichtet, den ersten Schritt zu tun. Wenn der eine den anderen zwingen möchte, in dem Fall zur Rückzahlung des Kaufpreises, dann muss er erst mal selbst tätig werden, sozusagen allein schon, zum zu signalisieren, dass er selbst auch wirklich überhaupt leistungsbereit ist.

PS: "dass er in den Hersteller des Gerätes nun kein Vertrauen mehr hätte" – das wäre in der Tat ein Ansatzpunkt, um zu argumentieren, warum man ohne Fristsetzung zurücktreten können sollte. Kann man zwar immer sagen :D würde ich darum auch nicht überbewerten, aber das ist jedenfalls theoretisch entfernt denkbar. Doch selbst das würde immer noch nicht erklären, warum der Anwalt "Zug um Zug Vorleistung" verlangt.
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Re: Spezial-Kunde | Anwaltsschreiben

Ein Anwalt ist ein Interessenvertreter. Nicht mehr, nicht weniger. Er würde einen schlechten Job machen, wenn er nicht versucht, das beste für seinen Mandanten herauszuholen, u. a. indem er die Gegenseite unter Druck setzt, weil diese ihre Rechte nicht kennt. Es ist dann wiederum Teil des Spiels, dass diese diese doch kennt und sich nicht einschüchtern lässt.
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daytrader
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Re: Spezial-Kunde | Anwaltsschreiben

Schreiber Ling hat geschrieben: 11. Jun 2021 20:01
Ansonsten noch, ja, wenn Nacherfüllung verlangt wird, kann der Käufer für den Transport Vorschuss verlangen.
Hat jetzt weniger mit diesem Fall zu tun, aber interessiert mich mal, da ich das Thema mal vor Jahren mit einem Anwalt hatte.
Damals hat er mir gesagt (etliche Jahre her....kann also schon entsprechend anderslautende Urteile etc. geben), es gäbe nichts woraus sich ergibt, dass der Verkäufer in Vorleistung gehen müsse und sich aufgrund einer bloßen Email auf eine Aussage vom Käufer verlassen müsse. Es gibt die Pflicht, das der Verkäufer die Kosten tragen muss, das ist unstrittig.....aber wo ist der Zeitpunkt geregelt?

Ich kann das aus der Praxis bestätigen....bei weitem nicht jeder gemeldete Mangel ist auch ein Mangel. Oftmals sind es schlicht Bedienfehler. Gar nicht so selten auch einfach frei erfundene Aussagen, um sich das Rückporto zu erschleichen....gerade, wenn es noch in der Widerrufsfrist ist, sagt es sich leicht "kaputt" und Verkäufer zahlt. Von der anfallenden Arbeitszeit bei einer nicht berechtigten Reklamation, mal ganz abgesehen. Benutzte Artikel wird man mit dem Zauberwort "kaputt, defekt, Mangel" auch einfach los.
Schreiber Ling
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Re: Spezial-Kunde | Anwaltsschreiben

Richtig, das steht tatsächlich noch gar nicht so lange in § 475 VI BGB. Und natürlich könnte man auch da wieder streiten; immer bei Gesetzen. Aber wenn ich mich nicht täusche, war tatsächlich auch vorher schon die Rechtsprechung so weit, zu sagen, dass Käufer, zumindest wenn sonst Nacherfüllungsverlangen unzumutbar erschwert wird, Vorschuss verlangen darf.

Und dass es überhaupt Rechtsprechung dazu gibt, zeigt natürlich, dass im Vorfeld die Auffassung des Anwaltes nicht unberechtigt war; aber heute würde ich darüber lieber nicht mehr streiten ^^

Das Missbrauchspotenzial liegt natürlich auf der Hand :/ Selbst wenn sich ein unberechtigtes Nacherfüllungsverlangen herausstellt, wird man viele damit verbundene Kosten nur schwer wieder reinholen können; allein immerhin die Vorschusskosten für den Transport lassen sich leicht verargumentieren: Es sei kein "Vorschuss", wenn man im Fall der Fälle keinen Anspruch auf Rückzahlung dieser Kosten hätte.

Was den Widerrufsfall angeht, würde ich aber relativ kühl sagen, dass ich die Kosten als Verkäufer gern trage, wenn Nacherfüllung verlangt wird; wenn aber widerrufen wird, dann trage ich sie nicht, auch wenn die Sache angeblich mangelhaft sei.
Andre (KM)
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Re: Spezial-Kunde | Anwaltsschreiben

Also wenn ich irgendwann mal richtig Langeweile habe, steige ich ins Aquaristikgeschäft ein. Da erlebt man ja Sachen...
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