Schadensregulierung GLS

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marcibet
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Schadensregulierung GLS

Hallo,

Es gibt ja mehrere Ansichten wie die Schadensregulierung für verlorene Pakete tatsächlich zu behandeln sind. Es wäre allerdings interessant welche dieser Ansichten denn rechtlich nun tatsächlich korrekt ist.

Der aktuelle Beispielfall: Der GLS Auslieferer hat ein Paket ohne Abstellgenehmigung einfach irgendwo abgestellt, der Kunde reklamiert das Paket hätte ihn nie erreicht. Wir haben einen Schadensfall bei GLS eingereicht, und erhielten folgende Mail:
Um prüfen zu können, ob Ihre Schadenersatzansprüche erstattungsfähig sind, bitten wir um Übersendung folgender Belege:

- Schadenrechnung ohne USt. unter Angabe der fehlenden/beschädigten Artikel und Einzelpreise,
ausgestellt von Ihrer Firma an General Logistics Systems Austria GmbH, Traunuferstraße 105a, A-4052 Ansfelden,
- Nachweis über den Einkaufswert oder Bekanntgabe Ihrer Handelsspanne,
- Nichtversicherungserklärung (gemäß Anlage)

Sobald uns die erforderlichen Belege vorliegen, werden wir Ihnen umgehend mitteilen, inwieweit wir für den geltend gemachten Schaden haften.
Wir haben GLS die Kundenrechnung, den Lieferschein und die Nichtversicherungserklärung übermittelt, nicht aber den Nachweis über den Einkaufswert. Argumentiert haben wir das mit der HGB:


HGB § 429 (3) Der Wert des Gutes bestimmt sich nach dem Marktpreis, sonst nach dem gemeinen Wert von Gütern gleicher Art und Beschaffenheit. Ist das Gut unmittelbar vor Übernahme zur Beförderung verkauft worden, so wird vermutet, daß der in der Rechnung des Verkäufers ausgewiesene Kaufpreis abzüglich darin enthaltener Beförderungskosten der Marktpreis ist.


GLS hat daraufhin wie folgt geantwortet:

Wir erstatten keinen entgangenen Gewinn, nennen Sie uns daher bitte Ihren Einkaufswert und beachten Sie bitte, dass als Haftungsgrundlage nicht das UGB/HGB, sondern die CMR (Haftung nach Sonderziehungsrechten) zur Anwendung gelangen.


Ich habe GLS daraufhin darauf hingewiesen, dass mich die Neubeschaffung des Artikels aufgrund des schlechten Dollarkurses und der zwischenzeitlich gestiegenen Lieferantenpreise zur Zeit mehr kosten würde als wir dem Kunden verrechnet haben. Auch darauf hatte GLS eine Anntwort:
Wir benötigen die Einkaufsrechnung, wo die Ware für den Paketversand der Nummer XXXXX eingekauft wurde. Nicht die jetzige Rechnung, wenn die Ware nachgekauft würde.

Es wird immer mit dem Wechselkurs von dem Datum der Einkaufsrechnung umgerechnet.


Mich würde interessieren ob das Stimmt was GLS schreibt. Muss ich GLS tatsächlich die damalige Lieferantenrechnung schicken? Wird nur der damalige Lieferantenpreis ersetzt, nicht der aktuelle Verkaufspreis bzw. zumindest der aktuelle Wiederbeschaffungspreis? Wie würdet ihr hier vorgehen?

lg


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roman
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Re: Schadensregulierung GLS

marcibet hat geschrieben: 17. Okt 2018 12:32Mich würde interessieren ob das Stimmt was GLS schreibt. Muss ich GLS tatsächlich die damalige Lieferantenrechnung schicken? Wird nur der damalige Lieferantenpreis ersetzt, nicht der aktuelle Verkaufspreis bzw. zumindest der aktuelle Wiederbeschaffungspreis? Wie würdet ihr hier vorgehen?
Keine Ahnung ob es rechtlich haltbar ist wie GLS argumentiert bzw. in seinen Bedingungen formuliert hat.
Wir haben es aber - bei den extrem seltenen - GLS-Schadensfällen bislang akzeptiert. Wir reden hier in unserem Fall von keinen nennenswerten Beträgen.
Andere Paketdienste ersetzen zwar oft den Rechnungsbetrag, dafür wird dieses und jenes mit fadenscheinigen Begründungen abgeleht und die Schadensquote ist ungleich höher.

Als Vertragskunde gibt es ggf auch die Möglichkeit einen %-Abschlag zu vereinbaren. Als Kundenrechnung minux XX %.
Hat den Vorteil dass man keine Lieferantenrechnungen vorweisen braucht, bzw. manchmal ist das ohnehin kaum möglich (z.B. bei Sets, selbst hergestellten Artikel etc.). Wenn man halbwegs gute Handelsspannen hat, ergibt sich auf diese Weise auch noch ein halbwegs erträglicher VK.
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koshop
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Re: Schadensregulierung GLS

Naja die Haftung nach Sonderziehungsrechten ist im HGB geregelt.... und zwar in §431 HGB
https://dejure.org/gesetze/HGB/431.html
(1) Die nach den §§ 429 und 430 zu leistende Entschädigung wegen Verlust oder Beschädigung ist auf einen Betrag von 8,33 Rechnungseinheiten für jedes Kilogramm des Rohgewichts des Gutes begrenzt.
(...)
(4) 1Die in den Absätzen 1 und 2 genannte Rechnungseinheit ist das Sonderziehungsrecht des Internationalen Währungsfonds. (...)
Ein Sonderziehungsrecht enstpricht derzeit 1,21 Euro, d.h. bei einem Paket von 1kg Gewicht wäre das eigentlich eine Maximalhaftung in Höhe von 8,33 * 1,21 EUR =10,07 EUR.

In den GLS AGB steht folgendes drin:
https://gls-group.eu/DE/de/agb-standard

GLS haftet für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung entsteht bis zu einem Betrag von 8,33 Sonderziehungsrechten des Internationalen Währungsfonds (SZR) je kg des Rohgewichts des Paketes.
D.h. die haben die Haftung tatsächlich derartig beschränkt. Weiter steht da aber:
9.2
Hat der Versender keine Transportversicherung abgeschlossen, haftet GLS über die Haftungsgrenze nach Ziffer 9.1 Satz 1 hinaus bis zum Wert des versendeten Gutes, in der Höhe begrenzt auf
- den Einkaufspreis bzw.
- bei gebrauchten Gütern den Zeitwert bzw.
- bei aus Anlass einer Versteigerung versendeten Gütern den Versteigerungspreis,

je nachdem, welcher Betrag im Einzelfall der niedrigste ist, maximal jedoch bis € 750,- (bei „CashService“-Paketen bis € 2.500,-) je Paket.
Von daher sieht das für mich ich eigentlich so aus, dass die Begrenzung auf den EK hier tatsächlich rechtmäßig ist.

Die Überlegung wäre dann nämlich: Dein VK: 500 EUR. Das wäre dann dein Schaden.

Den kannst du im Prinzip geltend machen nach §429 HGB. Jetzt sagt GLS: Die Haftung ist auf 10,07 EUR pro kg begrenzt. Sie kriegen von den 500 EUR daher nur 10,07 EUR pro kg. Es sei denn Sie haben keine Transportversicherung, dann erhöhen wir die Haftung gemäß unseren AGB über das was das Gesetz vorschreibt auf Ihren EK.

Allerdings ist das ja nur der Maximalbetrag. D.h. nehmen wir an dein VK ist 50 EUR, das Paket wiegt aber 5kg, dann müsstest du eigentlich die vollen 50 EUR bekommen. Weil dann der Maximalbetrag nach Sonderziehungsrechten 50,53 EUR wäre. :wink:

Also zusammengefasst wäre es also folgendermaßen korrekt:
1. Du bestimmst deinen Schaden - und zwar nach deinem VK.
2. Du bestimmst den Maximalbetrag. D.h. Paket gewicht * 10,07 EUR pro kg.
3. Liegt dein VK unterhalb des Maximalbetrags, dann kannst du den vollen VK geltend machen.
Liegt dein VK oberhalb des Maximalbetrags dann bekommst du nur den MAximalbetrag nach Sonderziehungsrechten, bzw. falls dieser Betrag unterhalb deines EK Preises ist, dann steigt der Erstattungsbetrag auf den EK.
Zuletzt geändert von koshop am 17. Okt 2018 13:06, insgesamt 1-mal geändert.
NEO123
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Re: Schadensregulierung GLS

Wir haben das bei DPD wiefolgt gelöst:

Aktuelle Preisliste geschickt (darauf stehen keine Rabatte, Skonto, Jahresbonus etc.)

Wir kaufen viel von unterschiedlichen Lieferanten, da ist keine Zuordnung möglich und vielfach gehen einzelne Artikel in ganzen Posten unter
da steht dann auf der Rechnung: Posten xyz und das bezieht sich auf xyz Einheiten.

Mit der Argumentation sollte GLS die aktuelle Preisliste akzeptieren.
DPD hat sich da auch mal geweigert - ein Hinweis das gerichtlich bewerten zu lassen hat dazu geführt das die aktuelle Herstellerpreisliste akzeptiert wird oder die Kundenrechnung (oftmals niedriger als der offizielle EK)

Gruß
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koshop
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Re: Schadensregulierung GLS

Was mir da gerade auffällt....

Wenn man einen Pauschalpreis bei GLS hat bis 31 kg, dann müsste man eigentlich jedes Paket mit Backsteinen auffüllen. Damit das Gewicht steigt und damit der Maximalerstattungsbetrag.

Bsp: Produkt hat einen EK von 50 EUR, und einen VK von 100 EUR. Gewicht: 500 g.
Schaden nach §429 HGB: 100 EUR
Maximaler Erstattungsbetrag: 0,5 * (8,77 Sonderziehungsrechte * 1,21 EUR) = 5,31 EUR

Es greifen die AGB, der Maximalbetrag wird auf den EK erhöht. Erstattung daher: 50 EUR.

Jetzt verschicke ich das gleiche Paket, fülle aber mit Backsteinen auf, bis das Paketgewicht 10kg ist:
Schaden nach §429 HGB: 100 EUR
Maximaler Erstattungsbetrag: 10 * (8,77 Sonderziehungsrechte * 1,21 EUR) = 106,12

Der Schaden gemäß §429 HGB liegt damit unterhalb der Maximalhöhe nach Sonderziehungsrechten und ich kann den vollen VK als Schaden gelten machen.
Erstattung: 100 EUR

Zumindest gemäß GLS Agb, die haben da nämlich "Paketgewicht" anstatt "Gewicht des Gutes" reingeschrieben. aetsch
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Re: Schadensregulierung GLS

roman hat geschrieben: 17. Okt 2018 12:51Keine Ahnung ob es rechtlich haltbar ist wie GLS argumentiert bzw. in seinen Bedingungen formuliert hat.
Wir haben es aber - bei den extrem seltenen - GLS-Schadensfällen bislang akzeptiert. Wir reden hier in unserem Fall von keinen nennenswerten Beträgen.
Grundsätzlich gebe ich dir recht, allerdings entsteht hierbei ein erheblicher Aufwand. Wir beziehen unsere Artikel großteils aus China, hier wären dem Lieferantenpreis ja noch sämtliche verbundenen Spesen hinzuzuzählen (Importversandkosten, Zoll, Überweisungsspesen nach China usw). Für all diese Dinge möchte GLS belege haben, sollten wir diese nicht detailliert aufschlüsseln so würden nur die reinen Produktkosten erstattet, hierfür will GLS natürlich auch Belege im Sinne von Lieferantenrechnung.

Wie vorgeschlagen einfach die Netto Preislisten zu übermitteln wird seitens GLS nicht akzeptiert...
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roman
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Re: Schadensregulierung GLS

marcibet hat geschrieben: 17. Okt 2018 14:19Grundsätzlich gebe ich dir recht, allerdings entsteht hierbei ein erheblicher Aufwand.
Deswegen auch mein Hinweis einen Pauschalsatz zu vereinbaren: Kein Aufwand mehr mit Lieferanten- und Nebenkostenrechnungen die man außerdem nur ungern aus der Hand gibt. Und solange man nicht mit extrem niedrigen Spannen arbeitet, sollte beim Pauschalsatz auch regelmäßig mehr übrig bleiben als bei der "EK-Lösung".
Wir legen einfach die Kundenrechnung vor, und bekommen dann Kundenpreis minus XX % (und natürlich ohne USt; aber diese ist ja aufkommensneutral)

Klar, für den konkreten Fall ist es zu spät.
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Eat The Rich
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Re: Schadensregulierung GLS

- Nachweis über den Einkaufswert oder Bekanntgabe Ihrer Handelsspanne,
Ich habe auch mit GLS eine "Margenvereinbarung" getroffen. Die erstatten den Verkaufspreis netto abzgl. der vereinbarten Marge. Was kann denn GLS dafür das du unter (jetzigem) EK verkaufst?
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Re: Schadensregulierung GLS

Eat The Rich hat geschrieben: 17. Okt 2018 17:32Ich habe auch mit GLS eine "Margenvereinbarung" getroffen. Die erstatten den Verkaufspreis netto abzgl. der vereinbarten Marge. Was kann denn GLS dafür das du unter (jetzigem) EK verkaufst?
Ist ja egal zu welchem Preis ich verkaufe. Aber weil der GLS zulieferer das Paket verschlampt hat, muss ich den Inhalt neu besorgen, und dieser Inhalt ist nun mal aus diversen Gründen mittlerweile teurer als er es damals gewesen ist. Deswegen wärs logisch wenn GLS zumindest die Wiederbeschaffungskosten erstatten müsste.
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Eat The Rich
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Re: Schadensregulierung GLS

Dann erstatte doch dem Kunden den Kaufpreis und besorge keine neue Ware?

Wenn die Paketdienste es so regeln würden wie du es wollen würdest, wäre dem Betrug ja Tür und Tor geöffnet.
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