DSGVO und Aufbewahrungsfristen

Rechtliches im E-Commerce wie AGB, Abmahnungen, DSGVO, Anbieterkennzeichnung, Wettbewerbsrecht
- Diskussionsforum -
Das E-Commerce Juraforum für einen fairen Handel. Hier helfen sich Händler kostenlos untereinander - ohne teuren Anwalt.

Themen und Hilfe rund um eBay und Amazon Abmahnungen, Muster und Vorlagen für Widerrufsrecht Impressum AGB, Beratung zu DSGVO UWG Preisangabenverordnung, Erstellung und Pflichtangaben im Impressum für eBay Amazon oder Facebook sowie weitere Rechtsthemen z.B. aus dem Wettbewerbsrecht.

Keine Rechtsberatung - Eine Gewähr und Haftung für die Richtigkeit aller Angaben wird von sellerforum.de nicht übernommen.
Antworten
Benutzeravatar
hkhk
Beiträge: 8495
Registriert: 30. Jun 2011 15:32

DSGVO und Aufbewahrungsfristen

Ich diskutiere gerade mit einem Bekannten darüber, der da im Clinch mit seiner Bank liegt.
Wie lange müssen/dürfen Banken personenbezogene Daten, z.B. Kontoauszüge oder Wertpapierabrechnungen, aufbewahren.

Es geht konkret um Consors.
Consors hat Ende Juli Dokumente älter 10 Jahre aus dem Kunden-Online-Archiv gelöscht. Hat dies zwar in einer Mitteilung in eben diesem Online-Archiv kund getan, aber wer schaut schon immer in sein Online-Archiv. Zudem war diese Mittelung etwas unscharf formuliert.

Fakt ist nun also, dass Dokumente unwiderruflich gelöscht wurden. In den aktuellen AGB heißt es aber „Die Bank speichert die im OnlineArchiv enthaltenen Dokumente dauerhaft während der laufenden Geschäftsbeziehung.“
Imho hätte also eine AGB Änderung erfolgen müssen. AGB Änderungen werden seitens Consors auch immer anders kommuniziert und darauf exlizit hingewiesen.

Was wir uns nun fragen und darauf auch noch nicht wirklich eine Antwort gefunden haben:
  • (1) MUSS eine Bank also kundenspezifische Dokumente wirklich von sich aus nach 10 Jahren löschen oder nur nach Aufforderung des Kunden?
Andere Banken, wie z.B. comdirect oder DKB handhaben das Archiv anders. Da muss der Kunde die Dokumente explizit ins Archiv einstellen und kann auch Dokumente jederzeit selbst aus dem Archiv löschen. Und diese beiden Banken löschen da nichts nach 10 Jahren. Bei Consors aber landen alle Dokumente automatisch im Online-Archiv, man kann als Kunde die Dokumente selbst nicht löschen. Da wird das Archiv also etwas anders gehandhabt.
  • (2) Und wenn die Bank WIRKLICH von sich aus löschen muss, dann hätte das Consors doch auch schon seit Inkrafttreten der DSGVO (2018?) so handhaben müssen. Da Consors das erst jetzt umsetzt, bestand dann drei Jahre lang ein DSGVO Verstoß?
Ich freue mich auf Eure Gedanken dazu....


Nur ein toter Putin ist ein guter Putin
3 Monate gratis Händlerbund
kreien
PLUS-Mitglied
PLUS-Mitglied
Beiträge: 3641
Registriert: 5. Jul 2015 13:06
Land: Deutschland

Re: DSGVO und Aufbewahrungsfristen

Ich bin ja leider über meine Frau auch bei dem erwähnten Saftladen und kann den Ärger über die Consorsbank verstehen. Ich habe mal nachgeschaut, in der mir vorliegenden letzten Fassung der "Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) vom 27. März 2021" steht im Abschnitt "XIII. BEDINGUNGEN FÜR DIE NUTZUNG DES ONLINEARCHIVS" unter Punkt 7 klipp und klar: "Die Bank speichert die im OnlineArchiv enthaltenen Dokumente dauerhaft während der laufenden Geschäftsbeziehung."

Man kann sich auf nix verlassen, deswegen würde ich auch niemals irgendeine Cloud zur Dauerarchivierung ins Kalkül ziehen. Zurück zum Thema: Die zitierte Fassung der AGB ist ja nun noch nicht so alt. Oder ist damit die entgeltpflichtige Anfertigung einer Kopie gemäß Preis- und Leistungsverzeichnis gemeint? Die Bank speichert es, d. h. noch lange nicht, dass der Kunde dauerhaft darauf eigenständig zugreifen kann, hehe. So typisch für die Consorsbank wäre, wenn die auf diesem Wege subtil zum Ausdruck bringen, dass gerade die Kündigung der Geschäftsbeziehung in Arbeit ist.
Benutzeravatar
hkhk
Beiträge: 8495
Registriert: 30. Jun 2011 15:32

Re: DSGVO und Aufbewahrungsfristen

Die lapidare Antwort von Consors auf eben diesen Passus in der AGB war "Recht schlägt AGB".

Ich bin ja seit Mitte der 90er Jahre, also fast seit Gründung von ConSors, dabei. Unter der Schmidt-Bank war das eine Freude. Die Bank war damals so richtig gut und der Vorreiter der Discount-Banken. Aber seit die Franzosen die Bank übernommen haben, wird es nur noch immer schlechter.
Ich habe mittlerweile meine Bankgeschäfte auf andere Banken verteilt, mein Depot wird derzeit nach und nach aufgelöst. Daher verdienen die mit mir so gut wie nichts mehr. Sollten die mich dann eines Tages kündigen, ist es mir egal.

Mir übrigens ist die Löschung der Dokumente egal, ich habe schon immer alle Dokumente runtergeladen. Das Problem hat, wie eingangs erwähnt, ein Bekannter von mir.

Aber zurück zum Thema: Gibt es nun in der DSGVO einen Passus, der den Banken VERBIETET, Dokumente länger als 10 Jahre aufzubewahren?
Wenn ja, dann verstößt doch ConSors seit drei Jahren gegen die DSGVO.
Nur ein toter Putin ist ein guter Putin
czde
Beiträge: 35
Registriert: 6. Feb 2021 20:45
Land: Deutschland
Wohnort: OWL

Re: DSGVO und Aufbewahrungsfristen

Art. 5 Abs. 1 lit. e) DSGVO hat geschrieben:(1) Personenbezogene Daten müssen
[...]
e) in einer Form gespeichert werden, die die Identifizierung der betroffenen Personen nur so lange ermöglicht, wie es für die Zwecke, für die sie verarbeitet werden, erforderlich ist; personenbezogene Daten dürfen länger gespeichert werden, soweit die personenbezogenen Daten vorbehaltlich der Durchführung geeigneter technischer und organisatorischer Maßnahmen, die von dieser Verordnung zum Schutz der Rechte und Freiheiten der betroffenen Person gefordert werden, ausschließlich für im öffentlichen Interesse liegende Archivzwecke oder für wissenschaftliche und historische Forschungszwecke oder für statistische Zwecke gemäß Artikel 89 Absatz 1 verarbeitet werden ("Speicherbegrenzung");
Die 10 Jahre kommen evtl. durch die gesetzliche Aufbewahrungsfrist für steuerrelevante Geschäftsunterlagen.
Roemer
PLUS-Mitglied
PLUS-Mitglied
Beiträge: 2703
Registriert: 21. Jan 2009 13:21
Land: Deutschland

Re: DSGVO und Aufbewahrungsfristen

Was will man mit über 10 Jahre alten Kontoauszügen anfangen ? Sammlerleidenschaft ?
Benutzeravatar
hkhk
Beiträge: 8495
Registriert: 30. Jun 2011 15:32

Re: DSGVO und Aufbewahrungsfristen

Es geht meinem Bekannten um alte Wertpapierbestände, zu denen es nun Abfindungsangebote oder ähnliches gibt und da möchte er eben noch wissen, zu welchem Kurs er gekauft hatte.

mit dem von czde zitierten Passus kann ich wenig anfangen in Bezug auf Wertpapierabrechnungen.
Nur ein toter Putin ist ein guter Putin
czde
Beiträge: 35
Registriert: 6. Feb 2021 20:45
Land: Deutschland
Wohnort: OWL

Re: DSGVO und Aufbewahrungsfristen

Wertpapierabrechnungen sind personenbezogene Daten.
Benutzeravatar
online-beobachter
Beiträge: 1885
Registriert: 13. Okt 2007 16:25
Land: Deutschland
Kontaktdaten:

Re: DSGVO und Aufbewahrungsfristen

Das liegt doch auf der Hand, die Bank ist doch sogar verpflichtet nach DSGVO die Daten nach Ablauf von 10 Jahren zu löschen da nicht mehr benötigt.
kreien
PLUS-Mitglied
PLUS-Mitglied
Beiträge: 3641
Registriert: 5. Jul 2015 13:06
Land: Deutschland

Re: DSGVO und Aufbewahrungsfristen

Ja gut, ist vielleicht weniger DSGVO, sondern mehr § 257 HGB und § 147 AO, vgl. https://www.stb-aktuell.de/efvAufruf.ph ... flicht.htm. Nur, wenn der Kunde es so will, dass länger aufbewahrt wird und explizit eine entsprechende Archivfunktion nutzt, sieht die Sache vielleicht in jeder Hinsicht etwas anders aus.

Die DKB hat es besser gelöst, denn dort ist es der Bankkunde selbst, der seine eigenen Dokumente ins Archiv packt: "Die Kontoauszüge von bestehenden Konten stehen in diesem Menü zeitlich befristet zur Verfügung, so z. B. für Girokonten maximal für 1 Jahr. Danach werden die Auszüge automatisch gelöscht. Verschieben Sie Ihre Auszüge daher ins Archiv, um jederzeit dauerhaft und uneingeschränkt Zugriff auf diese zu haben."

Die Vorgehensweise der Consorsbank scheint recht neu zu sein, entsprechend verärgert sich die Kunden, vgl. https://wissen.consorsbank.de/t5/Blog/W ... a-p/111224, insbesondere auch deswegen, weil es in den AGB anders steht und jahrelang ganz anders kommuniziert wurde, vgl. https://wissen.consorsbank.de/t5/Sonsti ... td-p/53533, um nun innerhalb von wenigen Wochen nach Ankündigung - entgegen der AGB - alles zu löschen, was älter als zehn Jahre ist.

Als Nächstes kommt ein Cloud-Anbieter um die Ecke und erzählt uns, dass er festgestellt hätte, dass das Dateidatum älter als zehn Jahre ist und daher DSGVO-gerecht gelöscht wurde. Also quasi die konsequente Weiterentwicklung von dem hier: https://www.heise.de/news/Apple-bewahrt ... 82483.html.


Um auf die Frage einzugehen, wozu man Kontoauszüge benötigt, die älter als zehn Jahre sind:

a) Ich habe Projekte, die laufen deutlich länger als zehn Jahre.

b) Im Zivilrecht gibt es so eine Art Beweislastumkehr, wenn du als Beklagter irgendwelche kruden Behauptungen nicht entlastend beweisen kannst, dann hast du beim Urteil das Nachsehen, mir wurde sogar vom Juristen der Gegenseite Beweisverteilung unterstellt, weil ich die Unterlage (die schnell zur Urkunde wird) nicht beibringen konnte. Im Zivilrecht verliert man schnell den Glauben an den Rechtsstaat.

c) Vollstreckungstitel sind 30 Jahre gültig und die Verjährung beginnt bei Teilzahlung neu. Dass schuldbefreiend gezahlt wurde, muss der Schuldner nachweisen, und das kann er ohne Belege nicht, zudem hört so manch einer nach Jahren zum ersten Mal von dem angeblichen Vollstreckungsbescheid, den kann man als Versäumnisurteil nämlich auch nach 10 Jahren ausbringen und eine Verjährung über 40 Jahre erreichen.

d) Mietunterlagen unterliegen einer Verjährungsfrist von 30 Jahren.

e) Dito Darlehensverträge nach Vertragsende.

f) Im Bekanntenkreis konnte jemand anhand von uralten Kontoauszügen, die Lohneingänge aufs Bankkonto belegen, Lücken im Versicherungsverlauf klären.

g) Bei Gegenständen mit "lebenslanger" Garantie, lässt sich auch über Kontoauszüge der Kaufzeitpunkt nachweisen.

Und zu schlechter Letzt: Bei mir steht seit Jahrzehnten auf allen Steuerbescheiden ein Vorläufigkeitsvermerk hinsichtlich Gewinnerzielungsabsicht, sowohl die Vermietung als auch die gewerbliche Tätigkeit betreffend. Ich kann das Urteil in der Beck-Datenbank gerade nicht finden, aber es wird wohl möglich sein rückwirkend über mehr als zehn Jahre seitens des FA Forderungen zu stellen. Wäre schön, wenn ich im Worst-Case-Szenario noch Unterlagen zu meiner Entlastung habe.
Benutzeravatar
hkhk
Beiträge: 8495
Registriert: 30. Jun 2011 15:32

Re: DSGVO und Aufbewahrungsfristen

Und ich lese hier halt immer nur heraus, wie lange bestimmte Dokumente aufbewahrt werden müssen. Und gerade die Bezeichnung als "Archiv" suggeriert ja, dass die Belege archiviert sind, und eben, wie bei Consors in den AGB geregelt, solange eine Geschäftsbeziehung besteht.

Meinem Bekannten wird wohl nun nichts anderes übrig bleiben, als einen Anwalt zu kontaktieren.
Geklärt werden muss dann natürlich noch, ob das unter Vertragsrecht (dafür hat er RS) oder Bankenrecht (da greift seine RS nicht) geführt wird.
Nur ein toter Putin ist ein guter Putin
Antworten

Zurück zu „Recht & Gesetz“

  • Information