Umsatzsteuerberichtigung bei Warenlager?

E-Commerce Steuern - Steuerberater, Buchhaltung, Rechnungswesen, doppelte Buchführung, SKR 03 04
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Savigny
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Umsatzsteuerberichtigung bei Warenlager?

Hallo,

ich hätte eine Frage zu Buchhaltungs/Steuerthemen. Ist alles noch etwas theoretisch, weil ich gerade noch in der Phase bin, mich vor Eröffnung meines Shops in die ganzen Begriffe einzulesen :)

Die Sache ist wie folgt: Ich plane, einen kleinen Shop als Reseller im Sammelkartenbereich zu eröffnen. Der Einfachheit halber wollte ich als Einzelunternehmer mit EÜR starten und wegen der voraussichtlichen Umsätze unter die UStG-Kleinunternehmerregelung fallen und daher keine Umsatzsteuer etc. erheben.

Ich hoffe natürlich, dass ich später mal aufgrund der jährlichen Umsätze in Form nicht mehr als Kleinunternehmer tätig bin und dann ganz normal Umsatzsteuer abführe, aber gleichzeitig auch selbst bei Einkäufen den Vorsteuerabzug geltend machen kann.

Jetzt zu meiner eigentlichen Frage: In der Branche ist es relativ üblich, dass man sich ein ziemlich großes Warenlager aufbaut, das man teilweise erst Jahre später abverkauft. Gerade der Ankauf von originalverpackter Ware vom Hersteller und der Verkauf ein paar Jahre später kann lukrativ sein, wenn die Ware in der Zwischenzeit zum selteneren Sammlerstück geworden ist.

Jetzt frage ich mich aber, ob ich in dem Fall ein Problem mit der Umsatzsteuer bekomme, wenn ich mir in der Phase als Kleinunternehmer einen größeren Warenvorrat aufgebaut habe, den ich dann später als Regelunternehmer verkaufe? Als Kleinunternehmer hatte ich ja keinen Vorsteuerabzug, d.h. dann müsste ich bei jedem Verkauf 19% Umsatzsteuer abführen, die ich ja beim Einkauf voll getragen habe? Dann würde ja z.B. selbst ein Einkaufspreis von 100€ und ein Brutto-Verkaufspreis von 115€ (netto 96€ ohne Umsatzsteuer) effektiv zu einem Verlust führen?

Nach meinem Verständnis greift die eigentlich vorgesehene Umsatzsteuerberichtigung nach § 15a UStG, 44 UStDV nämlich nicht, wenn die Umsatzsteuer auf ein Wirtschaftsgut 1000 Euro nicht übersteigt? Das dürfte in meinem Bereich nie der Fall sein, mein Stückpreis pro Einkaufsware ist eher im 80-400 Euro Bereich.


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Re: Umsatzsteuerberichtigung bei Warenlager?

Hallo Savigny,

Deine Ausführungen zum Vorsteuerabzug sind an dieser Stelle korrekt. Sobald die Kleinunternehmerregelung bei Dir nicht mehr zur Anwendung kommt, ändern sich zwar die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse um 100%, wodurch grundsätzlich der § 15a Abs. 2 UStG greifen würde. Allerdings greift hier, wie Du schon richtig erkannt hast § 44 Abs. 1 UStDV. Die Korrektur tritt nur ein, sofern die Vorsteuer auf das entsprechende Wirtschaftsgut mehr als 1000 € betrug. Wirtschaftsgut heißt in diesem Zusammenhang auch die Abstellung auf den einzelnen Gegenstand, selbst beim Erwerb mehrerer gleichartiger Gegenstände. Solltest Du also ein Konvolut an Karten erwerben, das in Gänze über 1000 € Vorsteuer enthält, ist diese auf die einzelnen Karten aufzuteilen.

Daher würden wir Dir in diesem Fall von der Anwendung der Kleinunternehmerregelung abraten, wie wir es in 99% aller anderen Fälle auch tun. Denn auch die Anschaffung/Anmietung von Lagerräumen und Regalen bietet Potenzial zum Vorsteuerabzug. Abgesehen davon ist der bürokratische Aufwand einer Vorsteuerkorrektur nach § 15a UStG nicht zu unterschätzen und sollte, sofern absehbar, vermieden werden.

Beste Grüße
Das Team von 3S.tax
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koshop
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Re: Umsatzsteuerberichtigung bei Warenlager?

Solltest du dann irgendwann auf Bilanzierung wechseln müssen kann dir ohne entsprechende Rücklagen dein Warenlager nochmal das Genick brechen wenn du dann auf einen Schlag den kompletten Wert des Warenbestandes im Rahmen der Ermittlung des sogennanten Übergangsgewinns nachversteuern musst. Sollte man auch von Anfang an mit auf der Rechnung haben, wenn man vorhat zu wachsen.
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Re: Umsatzsteuerberichtigung bei Warenlager?

koshop hat geschrieben: 28. Okt 2020 19:12 Solltest du dann irgendwann auf Bilanzierung wechseln müssen kann dir ohne entsprechende Rücklagen dein Warenlager nochmal das Genick brechen wenn du dann auf einen Schlag den kompletten Wert des Warenbestandes im Rahmen der Ermittlung des sogennanten Übergangsgewinns nachversteuern musst.
Naja, das kann man auf 3 Jahre aufteilen. Wem das dann das Genick bricht, der macht doch irgendwas falsch. Im Endeffekt zahlst du eigentlich nur den Vorteil zurück, den du vorher bei der EÜR hattest, Stichwort: Wareneinkauf im Dezember.
auch 'ne blinde Katze findet mal ne tote Maus!
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koshop
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Re: Umsatzsteuerberichtigung bei Warenlager?

Wenn man die entsprechenden Rücklagen nicht gebildet hat, weil man die Problematik nicht kannte, dann steht man mit runtergelassenen Hosen da. Ist schnell passiert. Man muss das Geld ja gar nicht verjubelt haben, es reicht wenn man es ins Geschäft investiert hat und es dort gebunden ist. Und wenn man dann 42% des Warenwerts ans Finanzamt zahlen muss tut das auch über drei Jahre verteilt weh.
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Re: Umsatzsteuerberichtigung bei Warenlager?

Je 100.000 Warenbestand hat, sind das über 3 Jahre verteilt irgendwas über 3.xxxx €/Quartal. Das sollte eigentlich nicht das Genick brechen , da man mit diesen Bestand ja eigentlich auch entsprechende Umsätze generieren tut. Klar schadet es nicht, wenn man das vorher schonmal gehört hat und man mit je 100.000 € Warenbestand nicht gerade nur 1000 € Gewinn im Monat erwirtschaftet.

Von der Aufforderung vom Finanzamt bis zur 1. fälligen Zahlung vergeht ja auch noch einige Zeit.
Savigny
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Re: Umsatzsteuerberichtigung bei Warenlager?

Vielen Dank für die Antworten, dann habe ich das ja soweit richtig verstanden. Auch guter Hinweis zur Besteuerung des Warenlagers beim Wechsel von EÜR auf Bilanzierung.

Ich mache das aber erstmal nebenberuflich und will anfangs die Kosten für Beratung etc. am Anfang möglichst gering halten. Deswegen denke ich mal, dass ich mich lieber selbst an der EÜR versuche, die Bilanzierung ist mir ohne nähere Vorkenntnisse zu komplex :) Geht ja im Endeffekt dann im Wesentlichen um vorausschauende Liquiditätsplanung, wenn sich der Wechsel anbahnt, man zahlt ja wie schon erwähnt die Steuer zurück, die man sich vorher erspart hat.

Bezüglich der Umsatzsteuer schlägt meine Abwägung dann wohl eher in die andere Richtung aus und ich würde auf den Kleinunternehmerstatus verzichten und mich mit der Mühe der Umsatzsteuervoranmeldungen befassen. Perspektivisch lässt sich der Wechsel zur Regelbesteuerung ja sowieso nicht lange vermeiden, sonst lohnt sich das Ganze bei den jährlichen Umsätzen (und der geringen Marge in meinem Bereich) einfach überhaupt nicht.
AndreM93
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Re: Umsatzsteuerberichtigung bei Warenlager?

Die UStVA sind auch garnicht so schlimm, wie du vielleicht im ersten Moment denkst. Derzeit musst du in den ersten beiden Jahren noch monatlich eine Voranmeldung abgeben. Ab dem 01.01.2021 wird das aber (bis Ende 2026) geändert und du musst nur noch quartalsweise die Voranmeldung einreichen. (Natürlich vorausgesetzt, du erreichst nicht schon zeitnah die Grenze von 7.500 € USt-Zahllast, dann natürlich monatlich.)
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