neue Regeln für Mehrwertsteuer im Online-Handel

E-Commerce Steuern - Steuerberater, Buchhaltung, Rechnungswesen, doppelte Buchführung, SKR 03 04
shoppy39
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Re: neue Regeln für Mehrwertsteuer im Online-Handel

roman hat geschrieben:Das Problem sehe ich hier viel mehr bei den Systemen:

Wer hat Rechnungs-Systeme im Einsatz die Steuersätze von 28 Ländern fakturieren können?

Also 17% für Luxemburg, 19% für Deutschland, 20% für Frankreich, 25% für Dänemark etc.; und das ganze ggf. nochmals für die ermäßigen Steuersätze, wobei man hier wieder aufpassen muß denn z.B. ein Buch hat in manchen Ländern den ermäßigten Steuersatz (in manchen Ländern gibt's übrigens auch mehrere unterschiedliche ermäßigte Steuersätze!), in anderen Ländern wieder den vollen Steuersatz.

Um das 100%ig abbilden zu können, müßte man daher bei JEDEM Produkt verknüpfen können in welchem Land der volle Steuersatz nötig ist und in welchem Land der ermäßigte, bzw. welcher der ermäßigten Sätze wenn es in diesem Land mehrere gibt. Da es in Europa knapp 100 unterschiedliche Steuersätze gibt ein riesiger Spaß ;-)

Zusätzlich müssen dann noch Summenlisten zur Verfügung stehen, da man in die Steuererklärung dann ja eintragen muß welche Summe zu welchen Steuersätzen in welche Länder abzuliefern sind.

Ich würde mal behaupten dass auf kleine und mittlere Händler die ins Ausland versenden hier EXTREME Umwälzungen zukommen, sowohl was Aufwand und Investitionen betrifft.

Außerdem: Kalkulatorisch wird es interessant. Die niedrigen Normalsteuersätze liegen bei 17%, die höchstn bei 27%. Das in den Verkaufspreis einzupreisen wird ein Spaß ...
@roman :daumenhoch:

Das hast du super auf den Punkt gebracht.

Aus meiner Sicht (ich überschreite keine Lieferschwelle) ist die neue Regelung ganz großer Mist.

Alle Lieferschwellen werden demnächst auf 10.000€ gesenkt. Ich bin eigentlich so froh das in AT die Lieferschwelle zur Zeit 35.000€ ist (sie war ja mal sogar 100.000€). Und genau diese 35.000€ könnte ich nächstes Jahr voll ausschöpfen. Drüber würde ich aber nicht wollen, da ich keine Lust auf AT-Steuerkram habe.

Bei der neuen Regel müsste ich dann schon bei 9.999€ aufhören nach AT zu liefern. Ganz tolle Wurst.

Und nicht zu vergessen das der eigene Steuerberater die einzelnen Rechnungen (und dann verschiedene MWST-Sätze) anders buchen müsste.

Mein Steuerberater bucht z.b. gar nicht nach Rechnung (ich habe Ist-Versteuerung), sondern bucht nach Kontoauszügen (Ebay=Transaktionsbericht von Paypal und Amazon = Auszahlungsbericht). Und da ich keine 7% ermäßigt habe, sondern nur 19% MWST, und auch keine Lieferschwelle überschreite, bucht mein Steuerberater alles als Erlöse 19% und gut ist.
Wenn man bei der neuen Regel die 10.000€ überschreitet, dann darf man sich beim Buchen jede Rechnung anschauen wie denn der MWST-Satz ist.


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koshop
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Re: neue Regeln für Mehrwertsteuer im Online-Handel

Alle Lieferschwellen werden demnächst auf 10.000€ gesenkt.
Das hast du falsch verstanden. Alle Lieferschwellen werden auf 0 EUR gesenkt. Lediglich Kleinunternehmer mit weniger als 10.000 EUR GESAMT-Auslandsumsatz sind dann noch ausgenommen.
roman
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Re: neue Regeln für Mehrwertsteuer im Online-Handel

koshop hat geschrieben:Alle Lieferschwellen werden auf 0 EUR gesenkt.
Genauso verstehe ich es auch.
Schließlich soll sich ja jeder die 27x 8.000 Euro im Jahr ersparen. :ironie:
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Boo
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Re: neue Regeln für Mehrwertsteuer im Online-Handel

roman hat geschrieben:Schließlich soll sich ja jeder die 27x 8.000 Euro im Jahr ersparen. :ironie:
Dann kommt also 2022 ein Steuerbescheid: Einkommensteuer aus 216.000 EUR geldwertem Vorteil. Hach, geht es uns gut.
Ralf
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Re: neue Regeln für Mehrwertsteuer im Online-Handel

Jens hat geschrieben:Was ist denn mit der Regelung, dass man künftig Kunden aus allen EU-Ländern die Möglichkeit geben MUSS, Ware bestellen zu können? (Gab's da nicht einen Beitrag dazu?)
Würde ja bedeuten, dass man gar nicht drum rum kommt, für alle EU-Länder diesen Steuer-Aufwand zu betreiben.
Es müssen Kunden aus allen EU-Staaten bestellen können, aber man muss deshalb nicht dorthin liefern.
"Das Leben wird nicht an der Anzahl unserer Atemzüge gemessen, sondern an den Momenten, die uns den Atem rauben." George Carlin
roman
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Re: neue Regeln für Mehrwertsteuer im Online-Handel

Ralf hat geschrieben:Es müssen Kunden aus allen EU-Staaten bestellen können, aber man muss deshalb nicht dorthin liefern.
Was ja die obergeile Regel schlechthin ist.

Was wohl passiert wenn sich ein Belgier an notebookbilliger (die beliefern den belgischen Privatmarkt nicht) wendet und sagt dass er das Paket von seinem eigenen Paketdienst abholen läßt? ;-)

Besonders groß braucht ein Versandhändler gar nicht sein, damit allein schon aus logistischen Gründen eine Selbstabholung oder Abholung durch einen Paketdienst des Kunden ein Ding der Unmöglichkeit ist. Kleine Händler machen es halt aus goodwill ...
roman
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Re: neue Regeln für Mehrwertsteuer im Online-Handel

Scheinbar tut sich da möglicherweise noch was.
Da haben offenbar ein paar Diplomaten doch noch festgestellt dass der Aufwand für KMU nicht weniger wird, sondern sogar deutlich mehr (in Wahrheit ist es ja bloß eine Ersparnis für die big player):

Hätten sie mich auch fragen können, dafür brauchts keine Diplomaten.

http://orf.at/stories/2423212/ (auch wenn in dem Artikel 2 unterschiedliche Themen, die eigentlich nicht viel miteinander zu tun haben, vermischt werden).
neimles
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Re: neue Regeln für Mehrwertsteuer im Online-Handel

newsletter der österreichischen wirtschaftskammer dazu:
Am 5. Dezember 2017 hat der ECOFIN eine Richtlinie und zwei Verordnungen beschlossen, die den E-Commerce vereinfachen sollen:
• RL 2017/2455 vom 5. Dezember 2017 zur Änderung der RL 2006/112/EG und der RL 2009/132/EG in Bezug auf bestimmte mehrwertsteuerliche Pflichten für die Erbringung von Dienstleistungen und für Fernverkäufe von Gegenständen
• VO 2017/2454 vom 5. Dezember 2017 zur Änderung der Verordnung Nr. 904/2010 des Rates über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und die Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer. Noch nicht im Amtsblatt erschienen ist das Dokument, welches die Mehrwertsteuersätze für Bücher, Zeitung und Zeitschriften regelt.

Fristen
Die Änderungen müssen bis spätestens Ende 2018 (Artikel 1 der RL) bzw. Ende 2020 (Artikel 2 und 3 der RL) in innerstaatliches Recht transformiert werden.

Hier die wichtigsten Regelungen im Überblick:
Änderungen ab 1. Jänner 2019: (Artikel 1 der RL)
• Grenze von 10.000 Euro im Kalenderjahr: Unterhalb dieses Betrages befindet sich der Ort der Leistung weiterhin am Sitz des leistenden Unternehmers. Oberhalb dieser Grenze verlagert sich der Leistungsort zum Kunden.
• Bei Anwendung der MOSS-Regelung: Bei Rechnungsstellung gelten die Vorschriften des Ansässigkeitsstaates des Unternehmens.
• Nutzung von MOSS auch für Drittlandsunternehmen unter bestimmten Voraussetzungen.

Änderungen ab 1. Jänner 2021 (Artikel 2 und 3 der RL):
MOSS wird auf den Versandhandel als auch auf alle DL an Nichtunternehmer ausgedehnt.
• Die Lieferschwelle für den Versandhandel wird abgeschafft. Ab 1. Jänner 2021 gilt eine EU-weite Grenze von 10.000 Euro.
• Neuregelung für Waren aus dem Drittland an Nichtunternehmer unter einem Sachwert von 150 Euro.
• Plattformbetreiber oder ähnliche elektronische Schnittstellen, die den Verkauf der Waren unterstützen, werden als Ein- bzw. Verkäufer in die Lieferkette umsatzsteuerlich eingebunden und somit Steuerschuldner.

• Die 22-Euro-Grenze bei der Einfuhrumsatzsteuer fällt.
• Die Abgabefrist für die MOSS-Erklärung wird verlängert.

Noch stehen keine Informationen zur Verfügung wann und in welcher Form die Umsetzung in österreichisches Recht stattfindet.


link: https://www.bmf.gv.at/wirtschaftspoliti ... cofin.html

(webseite des finanzministeriums gerade temporär offline, später geht der link aber wieder)

wenn ab 2019 wirklich eu-weit nur 10000 euro als grenze gelten, dann wirds schwierig für die länder die man nur selten beliefert, zb holland, portugal oder slowakei. so wie das da steht heißt das, man müsste sich dort registrieren....
xMerchant
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Re: neue Regeln für Mehrwertsteuer im Online-Handel

Das wird dann einfacher. Man muss sich dann nicht mehr in jedem Land registrieren sondern deklariert in seinem Heimatstaat über ein Webportal die Umsätze in den anderen EU-Staaten. Das Heimatfinanzamt leitet dann die elektronische Steuererklärung an die Finanzbehörden der anderen EU-Staaten weiter. So ist zumindest die aktuelle Idee.
neimles
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Re: neue Regeln für Mehrwertsteuer im Online-Handel

xMerchant hat geschrieben:Das wird dann einfacher. Man muss sich dann nicht mehr in jedem Land registrieren sondern deklariert in seinem Heimatstaat über ein Webportal die Umsätze in den anderen EU-Staaten. Das Heimatfinanzamt leitet dann die elektronische Steuererklärung an die Finanzbehörden der anderen EU-Staaten weiter. So ist zumindest die aktuelle Idee.
ja, ab 2021, das ist schon klar. aber die frist mit 10.000,- euro umsatz ausserhalb des heimatstaates gilt schon ab 2019.

das bedeutet wenn du in österreich die lieferschwelle schon erreicht hast und dort registriert bist, dann gilt dieser umsatz mit zu den 10.000,- und eine 5,99 lieferung nach holland müsste eine registrierung in holland nach sich ziehen (weil deklaration über heimatfinanzamt erst ab 2021 möglich).

ab 2021 wirds leichter, aber die übergangszeit 2019/2020 wird schwierig.

dazu kommen dann noch so spannende fragen bei FBA zb: wenn du aus polen verschickst und in deutschland versteuerst, musst du dann MOSS in polen machen oder in deutschland? gilt deine betriebsstätte oder der lagerort der ware? brauchst du trotzdem eine registrierung für länder in denen du lagerst (du hast ja sonst keine UID für die IG-Verbringung), ......

das wird noch sehr, sehr spannend.....
roman
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Re: neue Regeln für Mehrwertsteuer im Online-Handel

@neimles
Ohne dass ich jetzt irgendwo nachgelesen habe: Könnte es sein dass die 2019er Grenze nicht für den Versandhandel gilt?
Denn das ganze wäre ja schildbürgerlich: Man müsste 2019 und 2020 quasi den Auslandsversand großteils einstellen, und ab 2021 könnte man wieder loslegen (denn als kleines/mittleres Unternehmen mit überschaubaren Auslandsumsätzen kann man sich ja faktisch nicht überall registrieren).

PS: In Polen-FBA verschicken und in Deutschland "einfach so" versteuern geht ja jetzt schon auch nicht. Würde ich zumindestens mal behaupten. Da kommt man ja jetzt schon nicht um die steuerl. Registrierung in PL herum, wobei man dann ja ggf. wieder auf die Lieferschwelle nach DE/AT verzichten kann/muß, oder - wenn nicht - dann halt als AT-Unternehmen bei einer Lieferung nach DE/AT polnische USt verrechnen muß ;-)
neimles
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Re: neue Regeln für Mehrwertsteuer im Online-Handel

roman hat geschrieben:@neimles
Ohne dass ich jetzt irgendwo nachgelesen habe: Könnte es sein dass die 2019er Grenze nicht für den Versandhandel gilt?
Denn das ganze wäre ja schildbürgerlich: Man müsste 2019 und 2020 quasi den Auslandsversand großteils einstellen, und ab 2021 könnte man wieder loslegen (denn als kleines/mittleres Unternehmen mit überschaubaren Auslandsumsätzen kann man sich ja faktisch nicht überall registrieren).
ja sicher wäre das schildbürgerlich und ich hoffe da kommt noch was genaues....
PS: In Polen-FBA verschicken und in Deutschland "einfach so" versteuern geht ja jetzt schon auch nicht. Würde ich zumindestens mal behaupten. Da kommt man ja jetzt schon nicht um die steuerl. Registrierung in PL herum, wobei man dann ja ggf. wieder auf die Lieferschwelle nach DE/AT verzichten kann/muß, oder - wenn nicht - dann halt als AT-Unternehmen bei einer Lieferung nach DE/AT polnische USt verrechnen muß ;-)
ja klar, das machen wir auch so. was ich gemeint habe ist folgendes:

wir haben unseren firmensitz in AT, lagern bei FBA in DE/CZ/PL.

nach den alten regeln haben wir in diesen ländern registrierungen und geben jeden monat die usterklärungen in AT/DE/PL/CZ ab.

nach den neuen regeln ab 2021 soll man auslandsumsätze immer nach dem zielland versteuern und kann das über MOSS bei seinem heimatfinanzamt machen.

wo melde und bezahle ich jetzt eine lieferung nach DE aus PL? in polen? in deutschland? oder an meinem hauptsitz in österreich? 19% muss ich immer zahlen, aber an welches finanzamt?
roman
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Re: neue Regeln für Mehrwertsteuer im Online-Handel

neimles hat geschrieben:ja sicher wäre das schildbürgerlich und ich hoffe da kommt noch was genaues....
Ja, hoffe ich auch inständigst.
Das wäre für 2 Jahre der Supergau für mich.
Bin so klein dass eine steuerliche Registrierung (außer in DE und natürlich "zuhause" in AT) sich aufgrund des Aufwands (interner Arbeitsaufwand, rechtliche Beratung, Sprache) nicht lohnt, aber so groß dass ich die 10.000 Euro doch SEHR deutlich überschreiten würde.
Es kommen in keinem der "Rest-26-Länder" wirklich fetzige Umsätze zusammen, erst mit allen zusammen ergibt sich eine brauchbare Summe.
neimles hat geschrieben:wo melde und bezahle ich jetzt eine lieferung nach DE aus PL? in polen? in deutschland? oder an meinem hauptsitz in österreich? 19% muss ich immer zahlen, aber an welches finanzamt?
SEHR gute Frage. Ist die Frage, ob es hier überhaupt eine eindeutige Antwort gibt?
Gibt ja zu ein paar verzwickten Versandhandelssonderfällen keine eindeutige Antwort, sondern man muß es halt mal irgendwie machen und ggf. dann am Rechtsweg mit den Finanzämtern klären wie die Gerichte das interpretieren.
neimles
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Re: neue Regeln für Mehrwertsteuer im Online-Handel

roman hat geschrieben: SEHR gute Frage. Ist die Frage, ob es hier überhaupt eine eindeutige Antwort gibt?
Gibt ja zu ein paar verzwickten Versandhandelssonderfällen keine eindeutige Antwort, sondern man muß es halt mal irgendwie machen und ggf. dann am Rechtsweg mit den Finanzämtern klären wie die Gerichte das interpretieren.
bis zum gerichtsurteil dauerts dann bis 2026 und egal was die gerichte sagen, die polen machen das dann trtzdem so wie sie es wollen.....
roman
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Re: neue Regeln für Mehrwertsteuer im Online-Handel

@neimles

Diverse Seiten (Steuerberater wie PWC oder KPMG, die aber natürlich alle voneinander abschreiben) sagen zu der 2019er Regelung:

"...für Unternehmen, die an Nichtunternehmer Telekommunikations-, Rundfunk-, Fernseh- oder elektronische Dienstleistungen erbringen..."
Antworten

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