Mehrwersteuer bei grenzüberschreitenden EU-Geschäften

E-Commerce Steuern - Steuerberater, Buchhaltung, Rechnungswesen, doppelte Buchführung, SKR 03 04
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roman
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Mehrwersteuer bei grenzüberschreitenden EU-Geschäften

Bei folgender Konstellation frage immer mich schon länger wie sowas gehandhabt wird (betrifft mich nicht bzw. nur ganz vereinzelt als Kunde ... ist somit mehr persönliches Interesse):

Versandhändler "F" sitzt in Frankreich und versendet Ware von Frankreich an Firmenkunde "D" in Deutschland.
Versandhändler F ist nicht nur in Frankreich umsatzsteuerlich registriert, sondern auch in Deutschland, hat daher auch seine deutsche USt-ID-Nummer auf der Rechnung.
Meiner Meinung nach (das scheint relativ unumstritten zu sein) darf sich Firmenkunde D die ausgewiesene deutsche Mehrwersteuer trotzdem nicht als Vorsteuer ziehen.
Sondern diese Lieferung müsste als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung fakturiert werden.

Soweit so gut, jetzt ändern wir hier eine Kleinigkeit:

Versandhändler "F" sitzt in Frankreich und versendet Ware von Deutschland (der Versandhändler hat dort jemanden engagiert der den Versand durchführt) an Firmenkunde "D" in Deutschland.

Darf sich der Firmenkunde D hier nun die ausgewiesene deutsche Vorsteuer ziehen?
Denn eine innergemeinschaftliche Lieferung scheint hier nicht möglich, da die Ware ja bloß von D nach D gesendet wurde.

Falls der Firmenkunde "D" im zweiten Beispiel doch die Vorsteuer ziehen darf: Wo liegt hier der für ihn erkenntliche Unterschied zum ersten Fall? Denn in beiden Fällen bekommt der Kunde ja die selbe Rechnung.

Oder falls der Kunde auch hier nicht die Vorsteuer ziehen darf: Was wäre dann die korrekte Abwicklung? Steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung scheint ja auch nicht möglich zu sein.


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fonprofi
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Re: Mehrwersteuer bei grenzüberschreitenden EU-Geschäften

Ich frage mich grundsätzlich warum man keine dt. Vorsteuer ziehen kann wenn eine ausgewiesen wird. Der Händler F bezahlt doch schließlich auch die Mwst. an den dt. Staat, oder nicht?
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fonprofi
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Re: Mehrwersteuer bei grenzüberschreitenden EU-Geschäften

Ich frage mich grundsätzlich warum man keine dt. Vorsteuer ziehen kann wenn eine ausgewiesen wird. Der Händler F bezahlt doch schließlich auch die Mwst. an den dt. Staat, oder nicht? Unabhängig von wo aus versendet wird.
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Re: Mehrwersteuer bei grenzüberschreitenden EU-Geschäften

fonprofi hat geschrieben: 10. Jun 2021 06:39 Ich frage mich grundsätzlich warum man keine dt. Vorsteuer ziehen kann wenn eine ausgewiesen wird. Der Händler F bezahlt doch schließlich auch die Mwst. an den dt. Staat, oder nicht? Unabhängig von wo aus versendet wird.
Sofern der Händler in F sitzt und von dort auch versendet muss er im Fall eines Versandes nach D Ust abführen (sofern bestimmte Schwellen überschritten). Dies ist rechtens falls die Lieferung an einen Endkunden geht. Geht die Lieferung an einen Vostabzugsberechtigten müsste dieser auf diesen Umstand hinweisen. Tut er dies nicht, und wird trotzdem mit 19% deutschen Umsatzsteuersatz beliefert, war dies bisher so, dass dies eine "nicht geschuldete Steuer" war, und diese ist nicht abzugsfähig gewesen. Ob sich dass jetzt zum 01.07. ändert kann ich nicht sagen, denke aber schon.
Die Logik hinter dem geschilderten Sachverhalt erschliesst sich mir so oder so nicht
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Re: Mehrwersteuer bei grenzüberschreitenden EU-Geschäften

Hallo

Ich möchte ich mich auch einmal einhaken um die Verwirrung komplett zu machen.
Folgende Konstellation.

Ein Händler von mir sitzt in FR. Mit Umsatzsteuernummer wird er von mir Netto beliefert.
Jetzt bestellt der Händler aber nicht zu sich, sondern an seinen Endkunden in Belgien.

Ich sitze nun also dazwischen und bekomme eine Bestellung mit Rechnungsadresse Frankreich Netto und einer Lieferadresse nach Belgien.
Kann man das machen, oder kommt da noch ein dickes ende.
Ist nun Ausschlag gebend wer bestellt und wer bezahlt? Oder von wo nach wo geliefert wird? :durchdreh:
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MrChad
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Re: Mehrwersteuer bei grenzüberschreitenden EU-Geschäften

roman hat geschrieben: 10. Jun 2021 00:59 Versandhändler "F" sitzt in Frankreich und versendet Ware von Deutschland (der Versandhändler hat dort jemanden engagiert der den Versand durchführt) an Firmenkunde "D" in Deutschland.
Wenn dieser "jemand" z.B. Amazon heißt, dann ist das heutzutage ein ganz üblicher Fall.

Die Ware muss ja irgendwann nach DE gekommen sein. Das musste der Franzose dann als "EU-Verbringung" (oder eben Drittlands-Import) umsatzsteuerlich dokumentieren, d.h. sowohl der französische als auch der deutsche Fiskus wissen das (bzw. könnten es nachvollziehen)
roman hat geschrieben: 10. Jun 2021 00:59 Darf sich der Firmenkunde D hier nun die ausgewiesene deutsche Vorsteuer ziehen?
Denn eine innergemeinschaftliche Lieferung scheint hier nicht möglich, da die Ware ja bloß von D nach D gesendet wurde.
Ja, denn der deutsche Fiskus könnte über die Daten aus den Verbringungen nachvollziehen, dass die Ware aus deutschen Lagern versandt wurde.
roman hat geschrieben: 10. Jun 2021 00:59 Falls der Firmenkunde "D" im zweiten Beispiel doch die Vorsteuer ziehen darf: Wo liegt hier der für ihn erkenntliche Unterschied zum ersten Fall? Denn in beiden Fällen bekommt der Kunde ja die selbe Rechnung.
Sinnvollerweise durch einen Vermerk auf der Rechnung, Lieferung von DE -> DE oder so.
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MrChad
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Re: Mehrwersteuer bei grenzüberschreitenden EU-Geschäften

Bene hat geschrieben: 10. Jun 2021 09:01 Ein Händler von mir sitzt in FR. Mit Umsatzsteuernummer wird er von mir Netto beliefert.
Jetzt bestellt der Händler aber nicht zu sich, sondern an seinen Endkunden in Belgien.
nennt sich Dreiecksgeschäfte. Dafür gibt's paar Sonderregeln. Google kennt sich aus.
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Re: Mehrwersteuer bei grenzüberschreitenden EU-Geschäften

fonprofi hat geschrieben: 10. Jun 2021 06:39 Ich frage mich grundsätzlich warum man keine dt. Vorsteuer ziehen kann wenn eine ausgewiesen wird. Der Händler F bezahlt doch schließlich auch die Mwst. an den dt. Staat, oder nicht?
Aber wenn eine Warenbewegung von einem Land in das andere vorliegt, dann ist diese scheinbar zwingend als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung abzwickeln, da sonst kein Vorsteuerabzug zusteht.

Klassischer Fall: Österreichische Firmen kaufen bei Amazon ihr Büromaterial. Amazon liefert von Land X nach Österreich, weist österr. USt aus und deren österr. UID-Nummer steht auf der Rechnung.

Die Steuerberater sind hier ziemlich einhellig der Meinung dass man diese österr. USt trotzdem nicht als Vorsteuer ziehen darf (sondern sich bei Amazon mit UID-Nummer registrieren muß damit man steuerfreie Rechnungen bekommt). Ein Kommentar von vielen:
https://kps-partner.at/bestellungen-im- ... euerabzug/
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Re: Mehrwersteuer bei grenzüberschreitenden EU-Geschäften

MrChad hat geschrieben: 10. Jun 2021 09:17 Die Ware muss ja irgendwann nach DE gekommen sein. Das musste der Franzose dann als "EU-Verbringung" (oder eben Drittlands-Import) umsatzsteuerlich dokumentieren, d.h. sowohl der französische als auch der deutsche Fiskus wissen das (bzw. könnten es nachvollziehen)
Wie diese Ware ursprünglich mal in DE gelandet ist (Import aus einem anderen Land, kauf von einem deutschen Händler oder vielleicht sogar selbst in DE hergestellt) hat aber meiner Meinung nach keinen Einfluß auf die spätere Fakturierung an den Endkunden.
MrChad hat geschrieben: 10. Jun 2021 09:17
roman hat geschrieben: 10. Jun 2021 00:59 Falls der Firmenkunde "D" im zweiten Beispiel doch die Vorsteuer ziehen darf: Wo liegt hier der für ihn erkenntliche Unterschied zum ersten Fall? Denn in beiden Fällen bekommt der Kunde ja die selbe Rechnung.
Sinnvollerweise durch einen Vermerk auf der Rechnung, Lieferung von DE -> DE oder so.
Das ist ein interessanter Ansatz und würde das Rätsel aufklären. Weißt Du da konkretes wie das tatsächlch funktioniert? Denn ich finde online dazu nicht wirklich was.

Denn es kann ja nicht sein dass man einerseits keine Möglichkeit auf eine steuerfreie Rechnung hat (nicht möglich, da keine grenzüberschreitende Lieferung), und andererseits auch keine Möglichkeit zum Vorsteuerabzug.
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Re: Mehrwersteuer bei grenzüberschreitenden EU-Geschäften

roman hat geschrieben: 10. Jun 2021 10:35 Denn es kann ja nicht sein dass man einerseits keine Möglichkeit auf eine steuerfreie Rechnung hat (nicht möglich, da keine grenzüberschreitende Lieferung), und andererseits auch keine Möglichkeit zum Vorsteuerabzug.
Ich behaupte dann mal:

Wenn mein französischer Lieferant mir eine Rechnung mit deutscher USt. ausstellt, dann kann ich ganz einfach darauf vertrauen, dass die Ware aus DE stammt und ihn wie jeden anderen deutschen Lieferanten behandeln (d.h. Vorsteuer abziehen).

weil:

- Wenn die Ware aus DE stammt und der Franzose die Verbringung nicht gemeldet hat, dann der Franzose was falsch gemacht
- Wenn die Ware aus FR stammt und der Franzose doch deutsche USt berechnet, dann hat wieder der Franzose was falsch gemacht

Ich kann nicht wissen, ob mein Geschäftspartner die Steuervorschriften korrekt anwendet oder nicht. Solange ich nichts anderes weiß, darf ich darauf vertrauen, dass er sich konform verhält.

Und fertig.
roman
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Re: Mehrwersteuer bei grenzüberschreitenden EU-Geschäften

Deine Theorie ist aber auch nicht stimmig.

Jeder Versandhändler in einem anderen Land, der in DE umsatzsteuerlich registriert ist, schreibt standardmäßig bei Lieferung nach DE eine Rechnung mit deutscher USt. Und dass man diese hierzulande trotzdem nicht als Vorsteuer geltend machen kann, ist scheinbar weitgehendender Konsens.
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fonprofi
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Re: Mehrwersteuer bei grenzüberschreitenden EU-Geschäften

Bitte um Aufklärung:
Wenn ein EU-Lieferant eine DE-UID hat, dann führt er doch die 19% hier ab, oder täusche ich mich?
roman
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Re: Mehrwersteuer bei grenzüberschreitenden EU-Geschäften

fonprofi hat geschrieben: 10. Jun 2021 16:26 Bitte um Aufklärung:
Wenn ein EU-Lieferant eine DE-UID hat, dann führt er doch die 19% hier ab, oder täusche ich mich?
Ja, er führt sie in DE ab.
Aber der Kunde kann sie trotzdem nicht als Vorsteuer geltend machen, zumindest nicht wenn es ein Umsatz aufgrund der Versandhandelsregelung ist.

Stellvertetend hier ein Artikel eines Steuerberaters (Du findest aber noch zig weitere, fast alle gleichlautende, Quellen im Netz) der das bestätigt:
https://kps-partner.at/bestellungen-im- ... euerabzug/
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fonprofi
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Re: Mehrwersteuer bei grenzüberschreitenden EU-Geschäften

Ist das nicht bekloppt? Da zahlt ein Liefernt brav die Ust. an den deutschen Fiskus, aber der deutsche Käufer kann keine Vst. geltend machen?
Ist das nicht ein Wettbewerbsnachteil eine deutsche UID zu haben? Also dann lieber mit der auschländischen UID als IgL bestellen...
roman
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Re: Mehrwersteuer bei grenzüberschreitenden EU-Geschäften

fonprofi hat geschrieben: 10. Jun 2021 16:41 Ist das nicht bekloppt? Da zahlt ein Liefernt brav die Ust. an den deutschen Fiskus, aber der deutsche Käufer kann keine Vst. geltend machen?
...
Also dann lieber mit der auschländischen UID als IgL bestellen...
Genau, jetzt hast Du meinen Gedankengang verstanden.

Ja, natürlich, sollte man mit IGL bestellen.
Aber (und jetzt kommen wir wieder zu meiner Ausgangsfrage): Wenn der ausländische Lieferant nicht per IGL liefert, weil er die Ware von einem deutschen Lager aus versendet, dann drehen wir uns im Kreis.
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SchneiderMusik
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Re: Mehrwersteuer bei grenzüberschreitenden EU-Geschäften

Also ich muss bei einer deutschen Steuernummer immer nochmal prüfen, ob die Lieferung auch aus DE kam.
Wenn nicht, dann kein VSt.-Abzug. Richtig?
Oder geht es um die Rechnungsadresse, wenn diese nicht in DE ist?
Worauf kommt es denn nun an?
roman
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Re: Mehrwersteuer bei grenzüberschreitenden EU-Geschäften

@SchneiderMusik

Grob gesagt:
Wenn es ein "Inlandsumsatz" ist, dann kannst Du die Vorsteuer ziehen.
Wenn es kein Inlandsumsatz ist, dann dürfte man sich die Vorsteuer (obwohl: deutsche Vorsteuer) nicht abziehen, sondern es wäre statt dessen eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung nötig.

Die Abgrenzung, ob etwas ein Inlandsumsatz ist oder nicht, ist aus Kundensicht aber nicht immer ganz einfach. Ist aber für die meisten Leute wohl kein großes Thema.

Das ganze würde ich gerne näher ergründen. Ich finde das ein irrsinnig spannendes Thema, leider finde ich aber im Netz zu einigen nötige Details aber keine Infos.
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fonprofi
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Re: Mehrwersteuer bei grenzüberschreitenden EU-Geschäften

Ich hab auch so einen Kandidaten:
Büro des Lieferanten in Köln
Firma in NL
Lager in NL FR und ES
Rechnung kommt aus NL mit NL UID.
Ware wird oftmals aus FR versendet.
Hmm.

Auf der Netto-Rechnung steht IGL aus NL aber ich weiß das die Ware oft aus FR und ES kommt. Steht aber nix vom Süden auf der Rechnung.
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