Bilanzierung mit hohem Lagerbestand - Wie vorgehen?

E-Commerce Steuern - Steuerberater, Buchhaltung, Rechnungswesen, doppelte Buchführung, SKR 03 04
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Dariusz1980
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Bilanzierung mit hohem Lagerbestand - Wie vorgehen?

Hallo Zusammen,

ich führe mit meiner Frau nebenberuflich seit über 10 Jahren einen Onlinehandel bei dem wir wenig drehende beauty Artikel vertreiben. Nun bin ich Einzelunternehmer und meine Gesamt-Einnahmen übersteigen die letzten 3 Jahre das 60K Limit sodass ich kurzfristig mit dem Schreiben des Finanzamtes zur Bilanzierung rechnen muss.

Wir haben die letzten 10 Jahre eigentlich alle Shopumsätze in Waren re-investiert und mittlerweile 400K an EK Warenwert angehäuft, die teilweise zäh verkauft wird. Einige Artikel müssen wir nach Ablaufdatum entsorgen - Andere Artikel sind unlimitiert haltbar und werden immer wieder nachgekauft.

Laut Steuerberater müssten wir bei Bilanzierung die 400K mit versteuern, was neben den laufenden Steuerabgaben für uns faktisch unvorstellbar erscheint. Wir haben dafür keine Rücklagen gebildet und der Steuerberater hat uns relativ spät darüber aufgeklärt als die Kuh schon auf dem Eis stand.

Ich kann mir vorstellen dass viele Unternehmer an diesem Punkt stehen.
Gibt es hier Empfehlungen für eine Steuergestaltung wie man das Thema optimal vorbereitet? Ist über eine Firmierung ggf. ein besserer Steuersatz / günstigere Versteuerung der Waren möglich oder dürfen Waren vorher rausgebucht, entsorgt oder als 0€ posten angegeben werden wenn kein Wert mehr ermessen wird? z.B. bei 2 Verkäufen pro Jahr ein 10€ Artikel... 100 Stück auf Lager... was darf man damit machen?

Ich habe schon überlegt den Bestand zu halbieren, mit Regeln schlecht laufende Ware zu filtern und regelrecht raus zu schmeißen damit dadurch nicht unnötige Kosten entstehen.

Ein Traum wäre wenn ich die Steuerlast auf 10 Jahre verteilen dürfte, sprich die Zeit, die wir auch für die Beschaffung benötigt hatten. Das alles auf 3 Jahre abzuarbeiten ist in unserem Fall krass.

Mein Dienstleistungsbereich wirft ca. 40K im Jahr ab. Wenn das von dem Handelsumsatz über ein GmbH gesplittet werden darf, dann wäre das ggf. eine Lösung um unter den 60K zu bleiben und den Handel über die Einkommensüberschussrechnung laufen zu lassen, wenn das denn überhaupt jetzt noch möglich ist. Ggf. müsste ich mit dem Finanzamt das persönlich abklären im Falle, dass ein solches Modell in Betracht gezogen werden und eine Ausnahme in den letzten 3 Jahren geschildert werden kann. Ich habe leider keine Erfahrung was hier möglich, sinnvoll und nicht möglich ist.

Falls Ihr Ideen oder Empfehlungen dazu habt wäre ich sehr dankbar.


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stbdigital
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Re: Bilanzierung mit hohem Lagerbestand - Wie vorgehen?

Wenn noch keine Aufforderung für eine Bilanzierung vorliegt, dann darf das FA dies ja dann frühestens für den JA 2024 verlangen. Die Bewertung des Bestandes erfolgt max. zu Anschaffungskosten. Das ist wohl gemerkt der Maxpreis.

Bedeutet, konnte im Einkauf Skonto gezogen werden oder werden Boni ausgezahlt, kann damit auch der Anschaffungspreis abgeschlagen werden.

Alte oder unverkäufliche Artikel können immer geringer oder sogar mit 0 Euro bewertet werden. Lange Lagerzeiten führen zu erhöhten Lagerkosten wofür auch ein Reichweitenabschlag durchgeführt werden kann.

Denken Sie auch daran dass der Übergangsgewinn auf Antrag nicht in einem Jahr versteuert werden muss.
NEO123
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Re: Bilanzierung mit hohem Lagerbestand - Wie vorgehen?

Die Aktivierung bzw. dessen erste Rate wird doch erst mit dem Abschluss 2024 frühestens fällig
Also irgendwann Ende 2025 oder 2026
Zinsen werden nur bedingt fällig wenn man entsprechende freiwillige Vorauszahlungen leistet

400k Wert kann man sicherlich noch „gestalten“. Am Ende auf drei Jahre strecken und mit dem persönlichen Steuersatz versteuern
Tony
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Re: Bilanzierung mit hohem Lagerbestand - Wie vorgehen?

Unschöne Situation, die ich auch schon durch habe.
Ich würde schnellstenst Deinen beiden Geschäfte trennen, das ist m.E. der Kern.
Ich hatte damals tatsächlich mehrere Firmen/Buchhaltungen, trotz Einzelunternehmen. Also 3 verschiedene Einzelunternehmen. Mit unterschiedlichen Buchhaltungen, Konten und vorallem unterschiedlichen Geschäftsfeldern.
Wenn Du also eine Firma Handel und eine Firma Dienstleitungen hast, sollte das gar kein Problem sein. Das wäre mein "Way-to-go" für Deinen Fall.

Ansonsten kannst Du das Lager abwerten. Artikel, die abgelaufen sind, haben natürlich den Wert 0,-, Artikel, die sich seit 2 Jahren nicht bewegt haben, kannst Du - nach Gefühl - abwerten, zum Beispiel 50% usw.

Aber nochmal: für Deinen Fall würde ich Variante 1 wärmstens empfehlen. Das kann man auch mit dem FA besprechen. Ich würde wohl versuchen, diese Trennung bereits rückwirkend zum 1.1.23 zu gestalten. Gewerbeschein geht rückwirkend meine ich. Dann 2. Konto, 2. Buchhaltung, alles umbuchen usw.
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koshop
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Re: Bilanzierung mit hohem Lagerbestand - Wie vorgehen?

Ob eine Firmentrennung noch was bringt, nachdem die Umsätze ja schon in der Vergangenheit die Grenzen überschritten haben? Das würde ich zunächst mit dem Steuerberater besprechen, bevor man zum Finanzamt geht.

Ansonsten hab ich damals die Abgabe der letzten Steuererklärung so weit wie möglich rausgezogen, das hat mir dann noch ein zusätzliches Jahr eingebracht. Dann prüfen, welche Abschläge beim Warenbestand für den Inventurwert möglich sind und den Übergangsgewinn auf drei Jahre teilen.

Wenn alle Stricke reißen kann, man vielleicht auch den Warenbestand noch drastisch verringern, indem man einen Teil als Restposten loswird.
bauti
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Re: Bilanzierung mit hohem Lagerbestand - Wie vorgehen?

Vorab, ich bin aus AT. Also kann schon sein dass es bei euch etwas anders läuft. Und ich bin auch kein Steuerexperte...

Das abwerten des Warenwertes wurde ja schon angesprochen. Ich komme aus der Modebranche und da ist das abwerten ganz normal. Ich habe die Aufstellung von 2010 von einem großen Filialisten welcher es bei Modeware pauschal so macht:

nach 1 Saison -20%
nach 2 Saison -30%
nach 3 Saison -60%
nach 4 Saison -90%
nach 5 Saison -100%
Wobei eine Saison nur ein halbes Monat ist. Natürlich wechseln die Kollektion jedes Jahr komplett. Bei Standard Ware wird anders vorgegangen. Kommt aber natürlich stark auf die Branche an und wenn es sich nicht um Modeware handelt kann man natürlcih nicht so vorgehen.

Ich würde radikal abwerten und die voraussichtlich nicht mehr verkaufbare Ware auf vielleicht 5%-10% vom ursprünglichen EK abwerten. Ich weiß aber nicht wie die Konsequenzen in DE sind wenn ein Prüfer das nicht akzeptiert. Nachdem aber eine Prüfung ja normalerweise mit 1-2 Jahren Verzögerung erfolgt, kannst du dann ja die Verkaufszahlen der abgewerteten Ware nach der Abwertung vorzeigen und dann sieht der Prüfer ja das kaum was verkauft wurde oder dass du die Ware inzwischen entsorgen musstest. Was sicher nicht mehr verkaufbar ist, würde ich gleich entsorgen und dann natürlich ausbuchen, oder an einen Restpostenhändler billig verkaufen. Oder als Gratisbeigabe den Paketen beilegen, oder direkt bewerben "zu jedem Einkauf ein Teil gratis"
z.B. bei 2 Verkäufen pro Jahr ein 10€ Artikel... 100 Stück auf Lager... was darf man damit machen?
Die €10,-- sind EK und du hast den Preis nicht reduziert und verkaufst für vielleicht €20,-- VK? Oder verstehe ich das falsch? Du hoffst vermutlich dass die Verkäufe doch noch aus irgend welchen Gründen anziehen, sonst hättest du die Ware ja schon entsorgt. Aber trotzdem hätte die Ware für mich nur noch höchstens 10% Wert. Ich denke wenn man die Ware so bewertest wie viel du bereit wärest zu bezahlen wenn dir jemand den Restposten anbietest, sollte man dies auch bei einer Prüfugn argumentieren können.
bauti
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Re: Bilanzierung mit hohem Lagerbestand - Wie vorgehen?

koshop hat geschrieben: 23. Mär 2023 10:11 Wenn alle Stricke reißen kann, man vielleicht auch den Warenbestand noch drastisch verringern, indem man einen Teil als Restposten loswird.
Wobei dies steuerlich nichts bringt. Der Verkauf ist ja dann auch eine Einnahme und erhöht den Gewinn. Wenn man den Restposten zum selben Preis verkauft wie dieser nach der Abwertung in der Inventur steht, ist der Verkauf Gewinnneutral. Bringt nur Liquidität...
welpe
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Re: Bilanzierung mit hohem Lagerbestand - Wie vorgehen?

bauti hat geschrieben: 23. Mär 2023 10:35
koshop hat geschrieben: 23. Mär 2023 10:11 Wenn alle Stricke reißen kann, man vielleicht auch den Warenbestand noch drastisch verringern, indem man einen Teil als Restposten loswird.
Wobei dies steuerlich nichts bringt. Der Verkauf ist ja dann auch eine Einnahme und erhöht den Gewinn. Wenn man den Restposten zum selben Preis verkauft wie dieser nach der Abwertung in der Inventur steht, ist der Verkauf Gewinnneutral. Bringt nur Liquidität...
Natürlich bringt es was.

Er kann dann die Steuern zahlen.

Darum geht es ja. Er hat aktuell nicht die Summe um im schlimmsten Fall die versteuerten 400k zu zahlen.
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cashregister
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Re: Bilanzierung mit hohem Lagerbestand - Wie vorgehen?

Leidiges Thema, wer als Steuerberater für ein Handelsunternehmen eine EÜR anfertigt, hat das Wort Berater nicht verstanden. BTW: Auch deine Kundenforderungen erhöhen deinen Gewinn.
regalboy
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Re: Bilanzierung mit hohem Lagerbestand - Wie vorgehen?

cashregister hat geschrieben: 23. Mär 2023 14:19 Leidiges Thema, wer als Steuerberater für ein Handelsunternehmen eine EÜR anfertigt, hat das Wort Berater nicht verstanden. BTW: Auch deine Kundenforderungen erhöhen deinen Gewinn.
EÜR geht ja grundsätzlich schon für kleine Unternehmen - hat ja auch den Vorteil der (Nicht-)Gewinn-Steuerung, wenn man zum Jahresende bevor man (zu viel) Gewinn macht noch schnell Ware einkauft.
Und manche erreichen nie die Bilanzier-Grenzen.

Beachten sollte man aber auch, dass man durch das "Jahre lang keinen Gewinn machen" eigentlich ja eine ganze Menge "persönlicher Steuersatz" und Gewerbesteuervorteil verschenkt.

Denn besser jedes Jahr so viel Gewinn machen, dass man optimal in der Steuerprogression liegt und Gewerbesteuerfreibetrag ausschöpft, als 10 Jahre lang keinerlei Steuern zahlen und dann wie hier im Fall auf einmal Hunderttausende mit dem maximalen Steuersatz und voll mit Gewerbesteuer versteuern zu müssen.
bauti
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Re: Bilanzierung mit hohem Lagerbestand - Wie vorgehen?

welpe hat geschrieben: 23. Mär 2023 13:57
bauti hat geschrieben: 23. Mär 2023 10:35

Wobei dies steuerlich nichts bringt. Der Verkauf ist ja dann auch eine Einnahme und erhöht den Gewinn. Wenn man den Restposten zum selben Preis verkauft wie dieser nach der Abwertung in der Inventur steht, ist der Verkauf Gewinnneutral. Bringt nur Liquidität...
Natürlich bringt es was.

Er kann dann die Steuern zahlen.

Darum geht es ja. Er hat aktuell nicht die Summe um im schlimmsten Fall die versteuerten 400k zu zahlen.
Ist schon klar. Beachte bitte meine Formulierung welche ich nochmals in Fett hervorgehoben habe... Wer sich buchhalterisch überhaupt nicht auskennt könnte meinen das der Verkauf die Steuerlast senkt....
bauti hat geschrieben: 23. Mär 2023 10:35

Wobei dies steuerlich nichts bringt. Der Verkauf ist ja dann auch eine Einnahme und erhöht den Gewinn. Wenn man den Restposten zum selben Preis verkauft wie dieser nach der Abwertung in der Inventur steht, ist der Verkauf Gewinnneutral. Bringt nur Liquidität...
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fussel
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Re: Bilanzierung mit hohem Lagerbestand - Wie vorgehen?

Ich stand vor mehr als 10 Jahren vor dem gleichen Problem. Ich habe meine Einzelfirma behalten. Inklusive des Warenbestandes. Der ist bis heute bei der Einzelfirma. Dann die bilanzpflichtige Kapitalgesellschaft eröffnet, welche nach außen hin öffentlich ist und den Kontakt/Verkauf mit dem Kunden abwickelt. Die dabei verkaufte Ware ordert die Kapitalgesellschaft dann direkt bei meinem Einzelunternehmen. Dafür gibt es natürlich Rechnungen und Zahlungsverkehr. Die Kapitalgesellschaft verfügt über keinerlei Warenbestand, verkauft quasi in Kommission von meiner Einzelfirma.
Die Ware bleibt bei der Einzelfirma, du kannst den Gewinn/Umsatz besser steuern und ersparst dir vollständig den Übergangsgewinn.

Mache ich seit mehr als 10 Jahren so und zwei Prüfungen vom FA waren ohne Bemängelung verkaufen.
GHGbR
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Re: Bilanzierung mit hohem Lagerbestand - Wie vorgehen?

fussel hat geschrieben: 23. Mär 2023 17:08 Ich stand vor mehr als 10 Jahren vor dem gleichen Problem. Ich habe meine Einzelfirma behalten. Inklusive des Warenbestandes. Der ist bis heute bei der Einzelfirma. Dann die bilanzpflichtige Kapitalgesellschaft eröffnet, welche nach außen hin öffentlich ist und den Kontakt/Verkauf mit dem Kunden abwickelt. Die dabei verkaufte Ware ordert die Kapitalgesellschaft dann direkt bei meinem Einzelunternehmen. Dafür gibt es natürlich Rechnungen und Zahlungsverkehr. Die Kapitalgesellschaft verfügt über keinerlei Warenbestand, verkauft quasi in Kommission von meiner Einzelfirma.
Die Ware bleibt bei der Einzelfirma, du kannst den Gewinn/Umsatz besser steuern und ersparst dir vollständig den Übergangsgewinn.

Mache ich seit mehr als 10 Jahren so und zwei Prüfungen vom FA waren ohne Bemängelung verkaufen.
Diese Variante haben wir uns auch schon mal überlegt. Jedoch müssten wir als GbR vorher tätig werden, bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist : D
Wie gehst du vor, wenn der Kunde den Artikel zurückgibt? Wandert die Retoure in den Warenbestand der Kapitalgesellschaft oder findet da auch eine Retoure von der Kapitalgesellschaft an deine Einzelfirma statt? Also Sprich die komplette Kette wird wieder rückgängig gemacht?
Des Weiteren würde mich interessieren wie die Kapitalgesellschaft die Rechnung an die Einzelfirma stellt. Weist du hier 19% MwSt. aus die sich dann die Kapitalgesellschaft wieder vom Finanzamt holt und die Einzelfirma führt sie ab oder schreibst du 0% Rechnungen?
GHGbR
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Re: Bilanzierung mit hohem Lagerbestand - Wie vorgehen?

Dariusz1980 hat geschrieben: 22. Mär 2023 21:36 Hallo Zusammen,

ich führe mit meiner Frau nebenberuflich seit über 10 Jahren einen Onlinehandel bei dem wir wenig drehende beauty Artikel vertreiben. Nun bin ich Einzelunternehmer und meine Gesamt-Einnahmen übersteigen die letzten 3 Jahre das 60K Limit sodass ich kurzfristig mit dem Schreiben des Finanzamtes zur Bilanzierung rechnen muss.

Wir haben die letzten 10 Jahre eigentlich alle Shopumsätze in Waren re-investiert und mittlerweile 400K an EK Warenwert angehäuft, die teilweise zäh verkauft wird. Einige Artikel müssen wir nach Ablaufdatum entsorgen - Andere Artikel sind unlimitiert haltbar und werden immer wieder nachgekauft.
Nebenberuflich Gemeinsam mit deiner Frau, aber dann Einzelunternehmer? Welche Rangordnung hat hierbei dann deine Frau? Laut Beschreibung wäre dies ja eher eine GbR und kein Einzelunternehmer, wenn du das GEMEINSAM mit deiner Frau betreibst. Oder ist sie auch Einzelunternehmer und hat ihren Anteil daran?
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fussel
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Re: Bilanzierung mit hohem Lagerbestand - Wie vorgehen?

GHGbR hat geschrieben: 23. Mär 2023 20:01
Des Weiteren würde mich interessieren wie die Kapitalgesellschaft die Rechnung an die Einzelfirma stellt. Weist du hier 19% MwSt. aus die sich dann die Kapitalgesellschaft wieder vom Finanzamt holt und die Einzelfirma führt sie ab oder schreibst du 0% Rechnungen?
Die Rechnung schreibt die Einzelfirma. Und nicht die Kapitalgesellschaft. Und natürlich alles mit ausgewiesener USt. Und ja, die wird natürlich auch abgeführt und zurück geholt.
Muss doch alles seine Ordnung haben.
Dariusz1980
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Re: Bilanzierung mit hohem Lagerbestand - Wie vorgehen?

Vielen Dank für die zahlreichen Infos, die doch sehr unterschiedlich ausfallen.
@Fussel
Kannst du den Vorgang bitte einmal genau beschreiben, wenn ich jetzt eine Handels GmbH neben dem Dienstleistungs-Einzelunternehmen eröffne, wie ist die Vorgehensweise bei den Buchungen? Wir haben im Handel nicht viele Aufträge, vielleicht 15 pro Tag durchschnittlich. Dann müsste ich pro Tag 15 Rechnungen über die Ware der GmbH stellen oder hast du es vereinfacht und den Wareneinkauf bzw. komplette Bestände sukzessive in Rechnung gestellt und umgebucht? Wenn du keinerlei Ware hast, dann ist das doch wie Dropshipping und du schreibst dir noch zusätzlich Rechnungen. Ich stelle mir vor, dass ich dafür jemanden einstellen müsste. Man muss dann ja neben der Handelsrechnung sich selbst nochmal die gleiche Rechnung mit seinen EK Preisen ausstellen. Waren das dann durchreichposten oder wie hast du dir Ware berechnet? Ich stelle mir den Aufwand groß vor wenn man das nicht irgendwie automatisiert bekommt. Den Vorteil verstehe ich aber, so könnte man sukzessive in die Bilanzierung wechseln. Mich wundert nur dass es akzeptiert wurde den Warenbestand im Einzelunternehmen liegen zu lassen.

@regalboy
"Denn besser jedes Jahr so viel Gewinn machen, dass man optimal in der Steuerprogression liegt und Gewerbesteuerfreibetrag ausschöpft, als 10 Jahre lang keinerlei Steuern zahlen und dann wie hier im Fall auf einmal Hunderttausende mit dem maximalen Steuersatz und voll mit Gewerbesteuer versteuern zu müssen."

Kannst du das noch detailliert erläutern? Gewerbefreibetrag und optimal in der Steuerprogression. Wie erreicht man das? Als Einzelunternehmen würden wir 45% Steuern zahlen. Das ist der Maximalbetrag. Nun kann sich jeder vorstellen was das bedeutet.
AndreM93
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Re: Bilanzierung mit hohem Lagerbestand - Wie vorgehen?

Gründen einer GmbH und dann den Warenbestand über die GmbH verkaufen könnte steuerlich ein Problem werden: verdeckte Sacheinlage
Dann hättest du den selben Effekt, als wenn du von der EÜR zur Bilanz wechselst. https://www.juhn.com/fachwissen/gmbh-st ... cheinlage/

Was regalboy mit dem Thema Steuerprogression meint:
Wir nehmen mal an, du machst 10 Jahre jedes Jahr einen Gewinn von 30.000 €. Diesen reinvestierst du vollständig in neue Ware. Im 11. Jahr musst du dann zur Bilanz wechseln.

Dann hast du bei der EÜR 10 Jahre lang einen Gewinn (und somit Steuern von 0 €). Im Jahr 11 hast du dann einen Warenbestand von 300.000 €. Beim Wechsel zur Bilanz ergibt sich dann ein Übergangsgewinn von 300.000 € + Gewinn 30.000 € = 330.000 € Einkommen.

Gewerbesteuer (490% Hebesatz; bsw. München): 52.400 € (Anrechnung auf Einkommensteuer: 42.800 €)
Einkommensteuer: 137.400 €; Gesamt Steuern: 147.000 €

Hättest du von Anfang an bilanziert, hättest du jedes Jahr 30.000 € Gewinn gehabt, 11 Jahre lang.
Gewerbesteuer: 940 € (Anrechnung 770 €) Einkommensteuer: 4.700 € = Gesamt: 4.870 €
4.870 € x 11 Jahre = 53.570 € Steuern

Mit der Bilanzierung von Anfang an hättest du dir also 93.430 € an Steuern durch Gewerbesteuerfreibetrag und Steuerprogression erspart.
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Ach
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Re: Bilanzierung mit hohem Lagerbestand - Wie vorgehen?

AndreM93 hat geschrieben: 24. Mär 2023 03:04 Gründen einer GmbH und dann den Warenbestand über die GmbH verkaufen könnte steuerlich ein Problem werden: verdeckte Sacheinlage
Oder: verdeckte Entnahme.
bauti hat geschrieben: 23. Mär 2023 10:32Oder als Gratisbeigabe den Paketen beilegen, oder direkt bewerben "zu jedem Einkauf ein Teil gratis"
Top Idee!
Dazu die Frage: besteht ein wws, am besten gobd konform und zertifiziert mit der Fibu integriert, um Warenangaben mit Verlust zu dokumentieren?
Gleichermaßen: wenn du Ware entsorgst oder günstig als Restposten verkaufst: sieh zu, dass du das dokumentieren und belegen kannst!
Tony hat geschrieben: 23. Mär 2023 07:19
Ansonsten kannst Du das Lager abwerten. Artikel, die abgelaufen sind, haben natürlich den Wert 0,-, Artikel, die sich seit 2 Jahren nicht bewegt haben, kannst Du - nach Gefühl - abwerten, zum Beispiel 50% usw
Besser nicht nur nach Gefühl, sondern mit einer möglichst komplexen, plausibel erklärbaren und nachvollziehbaren mathematischen Formel.
Ich habe extrem viele Excel Tabellen gefüllt, um die Äbwertung artikelgenau durchzuführen - vor allem aber, um Prüfer abzuschrecken.
Das Signal soll sein: "wenn du dieses Fass aufmachst, schaffst du im veranschlagten Prüfungszeitraum nichts anderes mehr!"
regalboy
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Re: Bilanzierung mit hohem Lagerbestand - Wie vorgehen?

AndreM93 hat geschrieben: 24. Mär 2023 03:04 ... Mit der Bilanzierung von Anfang an hättest du dir also 93.430 € an Steuern durch Gewerbesteuerfreibetrag und Steuerprogression erspart.
Wenn man von Anfang an bilanziert hätte man aber auch noch geschätzt 30.000 Euro an Steuerberater- und Bilanzierungskosten gehabt.
Wobei dann auch noch ein großer Mehrgewinn / Steuerersparnis übrig geblieben wären.

Das Bilanzieren kann man sich ja aber sparen, wenn man nicht (krampfhaft), nur um (vermeintlich) Steuern zu sparen immer zum Jahresende alles in ein - ggf. viel zu großes - Warenlager anlegt.
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