Vorsicht! Händler von Elektronikbauteilen registriert fremde Handelsbezeichnungen als Marke

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gardinenprediger
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Vorsicht! Händler von Elektronikbauteilen registriert fremde Handelsbezeichnungen als Marke

Eben im Heiseforum gelesen. Ein Händler von Elektronikteilen aus der Makerszene (AZ-Delivery aus Deggendorf) versucht anscheinend seit Anfang des Jahres, sich viele bekannte Produktbezeichnungen fremder Hersteller als Marke unter den Nagel zu reißen.

Da die betroffenen Produkte von sehr vielen Händlern verkauft werden, sind vielleicht auch hier einige davon betroffen und sollten sich die Sache mal genauer ansehen.


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mwp
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Re: Vorsicht! Händler von Elektronikbauteilen registriert fremde Handelsbezeichnungen als Marke

Und wie sollte so eine Marke, sollte sie überhaupt eingetragen werden, Bestand haben? Die Bezeichnungen sind nachweislich vor Eintrag im Umlauf. Mir ist schon klar ... bei Massen Abmahnung gibt es immer Zahlende, aber bei sowas dürfte es leicht werden sich zu wehren und dann wird es für den Gegenüber teuer.
kreien
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Re: Vorsicht! Händler von Elektronikbauteilen registriert fremde Handelsbezeichnungen als Marke

Nennt sich in der Fachsprache "bösgläubige Markenanmeldung" oder? (Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%B6sg ... nanmeldung, vielleicht erinnert sich noch jemand an den Intel-Chipsatz, Google findet sicherlich noch etwas unter den Stichwörtern "Triton" und "Gravenreuth".)
gardinenprediger
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Re: Vorsicht! Händler von Elektronikbauteilen registriert fremde Handelsbezeichnungen als Marke

Ein paar der DE-Registrierungen sind bereits ohne Widerspruch eingetragen worden, bei den EU-Anträgen läuft die Widerspruchsfrist.
Selbst wenn nur die Hälfte der Wunschliste so durch kommt, wird es vermutlich ärgerlich genug.

ATMEGA328 ist z.B. eine Art Sammelbegriff für verschiedene 8-Bit Prozessoren von Microchip (ehem. Atmel). Bei so einem Großen der Branche hätte ich eigentlich gedacht, dass die eine Markenüberwachung laufen haben und sofort einschreiten.
Den Begriff "ATmega" hat Atmel aber nie schützen lassen, soweit ich das sehen kann. Es gibt auch kein Produkt das wirklich genau so heißt, intern fährt das Ganze unter der Produktlinie "megaAVR".
ATmega328 hat sich in der Szene anscheinend einfach als Überbegriff aus einem Teil der Artikelnummer der typischen Arduino-Prozessoren eingebürgert.

Eine Prüfung, ob der Begriff schon so in Benutzung ist, dass ein Schutzhinderniss besteht, findet ja wohl irgendwie schon bei der Beantragung der Marke statt. In einem eventuellen Löschungsverfahren wird man das Amt dann kräftig vom Gegenteil überzeugen müssen. Ob das alles so easy zu machen ist, kann ich mir kaum vorstellen - aber was weiß ich schon von Markenrecht :D
Und ein typischer Makershop dürfte mit einer größeren Anzahl an Begriffen aus der umfangreichen Liste betroffen sein.

Bin mal gespannt, was da noch kommt. Ein Widerspruchsverfahren läuft und viele der Anmeldungen vom 18.12.2020 scheinen in Limbo zu hängen, nur eine Handvoll davon wurden am 10.02.2021 bereits erteilt.
fuzzy
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Re: Vorsicht! Händler von Elektronikbauteilen registriert fremde Handelsbezeichnungen als Marke

Das ist wahrscheinlich diese Hebung von schlummernden Potentialen, die die Amazon-Händleraufkäufer immer versprechen. Vielleicht läufts bei SellerX auch so schlecht, dass die jetzt jeden Cent rausquetschen müssen.

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daytrader
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Re: Vorsicht! Händler von Elektronikbauteilen registriert fremde Handelsbezeichnungen als Marke

Wegen so einem Fall bin ich letztes Jahr abgemahnt worden. Marke ging easy durch, niemand hats bemerkt, dann hat er Abmahnungen raus geballert. Sein Fehler war, dass er die Abmahnungen selbst verfasst hatte und das ziemlich laienhaft. Letztendlich habe ich den Fall deswegen gewonnen, aber die Marke steht und eine Löschung wäre lt. meinem Anwalt sehr teuer. Ich habe den betroffenen Artikel umbenannt.
kreien
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Re: Vorsicht! Händler von Elektronikbauteilen registriert fremde Handelsbezeichnungen als Marke

Eine Marke wird in der Tat vom DPMA recht schnell eingetragen, wenn nicht offensichtliche Schutzhindernisse im Weg stehen. Ist wie beim Designschutz (vormals Geschmacksmuster) oder auch beim Gebrauchsmuster (aka "kleines Patent"). Da wird auch recht schnell ohne eigentliche Prüfung erteilt, diese findet im Zweifel im Nachgang im Rahmen einer juristischen Auseinandersetzung statt, was ganz erhebliche Risiken mit sich bringt.

Ich kann den vorgenannten Schutzrechten daher nicht viel abgewinnen. Das Ganze hat bei mir aber auch eine Vorgeschichte, ich habe selbst ein vom DPMA erteiltes Patent inne. Fast acht Jahre (mit jeweils zwei Jahren Sendepause zwischen den Bescheiden) wurde dieses vom DPMA zerprüft und immer wieder heftig kritisiert, das DPMA scheint Einzelerfinder zu hassen, allein die Kosten für den Patentanwalt (der zu Anhörungen nach München reisen musste) waren fünfstellig, während der überlangen Verfahrensdauer durfte ich jeweils die Jahresgebühren entrichten und die gesetzliche Schutzfrist läuft bereits während der Prüfung. Das Ergebnis ist aber ein gehärtetes Patent, denn der Versuch des Patentprüfers, die Anmeldung mit all seinem Fachwissen und Möglichkeiten zu zerstören, ist nicht gelungen. Das macht das ganze schlussendlich wertvoll – ich werde aber beim DPMA vermutlich keine Patente mehr anmelden, sondern dies im Ausland tun, meine zweite Anmeldung feiert mittlerweile zehnjähriges Jubiläum beim DPMA in München.

Andersherum wird ein Schuh draus: Marken, Designschutz und Gebrauchsmuster, all das sind schwache gewerbliche Schutzrechte, die allesamt angreifbar sind und ohne professionelle Begleitung bei der Anmeldung unmittelbar zerstört werden können. Dass die Marken nach den ersten Abmahnungen Bestand haben werden, ist unwahrscheinlich.
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